Der Prozess gegen Pestizid-Kritiker in Südtirol geht weiter. Der Südtiroler Landesrat hatte zwar angekündigt, die Klage zurückzuziehen, dies aber bisher nicht in die Tat umgesetzt. Nachdem im September der Gerichtsprozess gegen Agrarexperten des Münchner Umweltinstituts Karl Bär eröffnet wurde, geht das Strafverfahren nun gegen weitere Mitarbeitende des Umweltinstituts sowie den Geschäftsführer des oekom-Verlags Jacob Radloff weiter. Die bayerischen GRÜNEN unterstützen die von der Staatsanwaltschaft Bozen wegen übler Nachrede Angeklagten.
„Dieser Prozess ist Gift gegen die freie Meinungsäußerung. Es ist ein wichtiges demokratisches Recht, auf Missstände aufmerksam zu machen und Kritik zu üben. Genau das haben Karl Bär und Alexander Schiebel beim Pestizid-Einsatz auf Südtiroler Apfelplantagen gemacht. Das sie deshalb auf der Anklagebank sitzen, ist skandalös. Wir bayerische GRÜNE stehen solidarisch hinter den Angeklagten und fordern den Südtiroler Landesrat Arnold Schuler und die weiteren Klageführer dazu auf, alle Klagen zurückzuziehen“, so Eva Lettenbauer, Parteivorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bayern.

Angesichts der großen medialen Aufmerksamkeit hatte der Südtiroler Landesrat einen Tag vor Prozessbeginn versprochen, die Klage zurückzuziehen. Die Rücknahme der Anzeige war jedoch an Bedingungen geknüpft, die die Beklagten in ihrer freien Meinungsäußerung beschränkt hätten.
„Mit großer Sorge sehen wir den Versuch des Südtiroler Landesrates, die Kritiker unter Druck zu setzen und mundtot zu machen – in einem Land mitten in der EU. Es ist zutiefst bedenklich, dass neben den Kritikern auch der Verlag angeklagt ist, der das Buch über den hohen Einsatz der Gifte in der Region veröffentlicht hat. Wir senden die klare Botschaft nach Südtirol, dass die Öffentlichkeit das Verhalten der Südtiroler Landesregierung auch in Bayern sehr aufmerksam verfolgt“, so Claudia Köhler, Abgeordnete der GRÜNEN-Fraktion im Bayerischen Landtag.

„Es ist nicht nur die Art, wie mit den Kritikern umgegangen wird, sondern auch der Inhalt der Kritik, der dringend öffentliche Aufmerksamkeit braucht. Der Prozess behandelt das urgrüne Thema giftfreie Landwirtschaft. Ich hoffe sehr, dass sich die italienische Gerichtsbarkeit nicht von der Macht der Agrarlobby einschüchtern lassen wird. Die Anklage muss eingestellt werden, alles andere wäre eine Farce in einer demokratischen Gesellschaft“, so Gisela Sengl, Abgeordnete der GRÜNEN-Fraktion im Bayerischen Landtag.
Hintergrundinformation:
Der Agrarexperte des Münchner Umweltinstituts Karl Bär wurde von der Staatsanwaltschaft Bozen wegen übler Nachrede angeklagt, weil er im Jahr 2017 die Kampagne „Pestizid-Tirol“ des Umweltinstituts verantwortete, die auf den hohen Einsatz von Pestiziden in Südtirol aufmerksam machte. Der Prozessauftakt gegen ihn fand am Dienstag, den 15. September, in Bozen in Südtirol statt und wird am 27. November fortgesetzt.
Der Filmemacher und Autor Alexander Schiebel schrieb in seinem Buch von 2017 über „Das Wunder von Mals“ – eine Südtiroler Gemeinde, die sich 2014 in mit einer Volksabstimmung mehrheitlich gegen den Pestizideinsatz in der Region ausgesprochen hatte. Er sowie sein Verleger Jacob Radloff (oekom) wurden wegen übler Nachrede und Markenverletzung angeklagt.
Am 22. Oktober 2020 entscheidet das Gericht in Südtirol, ob auch gegen weitere Mitarbeitende des Münchner Umweltinstituts sowie gegen den Geschäftsführer des oekom-Verlags Anklage erhoben wird. Am 14. Januar beginnt das Strafverfahren gegen Alexander Schiebel.
So kannst du unterstützen
Unterstütze das Umweltinstitut München und unterschreibe den Aufruf an Landesrat Schuler mit der Aufforderung, die Strafanzeige gegen Karl Bär und die Vorstandsmitglieder des Umweltinstituts München und den Verleger Jacob Radloff sofort einzustellen.
So haben wir bisher unterstützt
Zum Prozessauftakt gegen Karl Bär im September waren die Landtagsabgeordneten Gisela Sengl und Claudia Köhler aus Bayern als Prozessbeobachterinnen vor Ort. Sie haben gemeinsam mit Verbänden und Aktiven klar gezeigt, dass sie hinter den Angeklagten stehen. Außerdem haben die GRÜNEN auf Europa-, Bundes- und Landesebene einen gemeinsamen offenen Brief an den Südtiroler Landesrat geschickt, um die Rücknahme der Anzeige gegen Karl Bär, Alexander Schiebel und seinen Verleger Jacob Radloff zu bewirken.
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