Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz 2019 in Bad Windsheim
Bayern liegt im Herzen Europas. Seit über 70 Jahren ist der europäische Einigungsprozess Garant für Frieden und Freiheit – in ganz Europa und auch für uns in Bayern. Die EU gehört historisch zum Wertvollsten, was der Europäische Kontinent je geschaffen hat. Als – ehemalige – Grenzregion hat Bayern wie kein anderes Bundesland von den offenen Grenzen zu unseren östlichen Nachbarländern, von einheitlichen europäischen Regeln und europäischer Politik, von dem Europa ohne Schlagbäume profitiert.
Heute ist die Welt im Umbruch. Wir müssen Antworten geben auf die Herausforderungen von Globalisierung und Digitalisierung, Antworten auf die zunehmende Knappheit von Ressourcen und auf die Überhitzung unseres Klimas, Antworten auf humanitäre Katastrophen und Kriege, Antworten auf Menschenrechtsverletzungen und soziale Ungerechtigkeiten. Darauf gibt es keine einfachen Antworten. Komplexe, grenzüberschreitende Herausforderungen können von Nationalstaaten alleine nicht mehr gelöst werden. Dafür brauchen wir die die Kraft des geeinten Europas. Die Europäische Union steht für Frieden, Gleichberechtigung, Demokratie und Rechtstaat – und für die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen.
Die Europawahl 2019 ist eine entscheidende Richtungswahl. Es liegt an uns, ob die Kräfte des geeinten Europas gewinnen oder die europäische Gesellschaft in Nationalismus, Rechtspopulismus und autoritäre Politik zurückfällt. Die LePens, Salvinis und Orbans polarisieren, sie setzen auf Angst, statt auf Mut.
Auch weite Teile der CSU-Führung sind der Versuchung der Abschottung und der nationalen Alleingänge erlegen. Mit dem Satz vom „Ende des geordneten Multilateralismus“ hatte Ministerpräsident Markus Söder im vergangenen Jahr die gesamte Nachkriegsordnung seit der Zeit Adenauers für obsolet erklärt. Ein gefährlicher Irrweg. Dies zeigt, wie fremd der CSU ein geeintes Europa ist. Die Grenzkontrollen an der bayerisch-österreichischen Grenze und die bayerische Grenzpolizei sind nicht nur überflüssig, sondern gegen die Idee der Europäischen Union gerichtet. Für die Menschen, die in den Grenzregionen leben, sind sie ein Ärgernis, die bayerische Wirtschaft nimmt Schaden, der Erfolg der bayerischen Grenzpolizei ist mickrig. Vor allem aber stellt sich die Bayerische Staatsregierung mit ihrem klaren Verstoß gegen den Geist des Schengener Abkommens offen auf die Seite der Rechtspopulisten, die als Antieuropäer in die Zeit autoritärer Nationalstaaten zurück wollen. Diese CSU-Politik ist deshalb eine Gefahr für Bayerns Zukunft in Europa.
Die Weiterentwicklung der Europäischen Union ist eine notwendige Antwort auf globale Herausforderungen. Wir wollen ein Europa, das sich weltweit entschieden für Klima- und Umweltschutz, Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzt. Nur gemeinsam können wir Klimaschutz wirksam voranbringen und gemeinwohlorientierte Regeln in einer globalisierten und digitalisierten Welt schaffen und durchsetzen. Nur ein handlungsfähiges Europa kann die Macht von globalen Konzernen begrenzen und für sozialen Ausgleich innerhalb Europas sorgen. Nur ein handlungsfähiges Europa kann die Macht von globalen Konzernen begrenzen und wirksam für soziale Gerechtigkeit eintreten.
Wir GRÜNE setzen uns klar und unmissverständlich für europäische Werte und europäische Regelungen ein. Wir wollen gemeinsam Lösungen finden und sie verlässlich umsetzten, Brücken bauen zu unseren Nachbarn und keine Mauern errichten.
Wir kämpfen für Frieden und Stabilität und für die gesellschaftlichen Errungenschaften Europas, den Austausch von Kultur, Bildung und Wirtschaft. Wir wollen die Freiheit bewahren zu reisen, zu leben und zu arbeiten, wo und wie wir wollen. Wir wollen, dass Bürger*innen- und Menschenrechte global eingehalten werden und Gleichstellung umgesetzt wird. Wir wollen, dass junge Menschen in Europa beruflich eine Perspektive haben. Und: Europa erleichtert mit dem Binnenmarkt den Export von Waren- und Dienstleistungen, das ist auch ein klares Wohlstandsversprechen.
Wir werden uns mit aller Kraft, mit Mut und mit Optimismus daran machen, Europa weiterzuentwickeln. Damit ein vereintes Europa auch in schwierigen Zeiten zusammenhält, wollen wir Grüne die Europäische Union sozialer, ökologischer und demokratischer machen. Dafür lohnt es sich zu kämpfen: Für Bayerns Zukunft im Herzen Europas.
Erhalten, was uns erhält – Unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen
Europa ist stark im Klima- und Naturschutz. Die drohende Klimakatastrophe, die Bedrohung lebenswichtiger Ressourcen und das dramatische Artensterben von Tieren und Pflanzen verlangen nach weltweiten und europäischen Antworten.
Bei vielen ökologischen Fragen schiebt die EU schon lange die Mitgliedstaaten an, wenn Regierungen sich ökologischen Zielen nicht ausreichend verpflichtet fühlen. So hat sie auch der Bundesregierung Nachhilfe zu ökologischen Fragen gegeben, beispielsweise mit der Nitratrichtlinie oder der Forderung nach höheren CO2-Grenzwerten. Dank eines ambitionierten Beschlusses des EU-Parlaments fallen die zulässigen CO2-Grenzwerte für Neuwagen deutlich klimaschonender aus, als die Pläne der Bundesregierung dies vorsahen. Die vorläufige Rettung des Hambacher Waldes war nur durch den Verweis auf die EU-Artenschutz-Richtlinie möglich.
Wir wollen die EU zum weltweiten Vorreiter für Klimaschutz, Erneuerbare Energien und Energieeffizienz machen. Dazu müssen bis 2030 45% von Europas Energie, die wir bei Strom, Wärme und Mobilität verbrauchen, erneuerbar sein, bis 2050 100%. Durch saubere Energiegewinnung schützen wir Klima und Umwelt, schaffen nachhaltige Jobs und werden unabhängig von Kohle, Öl und Gas. Aber vor allem: Nur so kann Europa seinen Beitrag leisten, die globale Erhitzung auf unter zwei Grad zu begrenzen und die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten.
CO2-Emissionen müssen einen Preis haben, der ihrer Klimaschädlichkeit entspricht. Deshalb fordern wir eine ergiebige CO2-Steuer. Die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Besteuerung wollen wir an die Menschen in Europa zurückgeben mittels eines Energiegeldes als Pro-Kopf-Zahlung. Ökologische Ziele sozial umsetzen – das ist für uns ein wichtiges Ziel. Damit gewinnen wir auch die einkommensschwächeren Bürger*innen Europas für eine wirksame Politik zum Schutz der Lebensgrundlagen. Außerdem fordern wir eine weitere Reform des EU-Emmissionshandels, insbesondere entsprechend des Pariser Klimaziels eine zusätzliche Reduzierung der CO2-Zertifikate.
Die EU hat ein starkes Naturschutzrecht. Doch für den Erhalt der Artenvielfalt und den Schutz der natürlichen Lebensräume genügt das nicht. Um das Artensterben zu stoppen, braucht es eine europäische Agrarpolitik, die an ökologischen Kriterien ausgerichtet ist. Die bisherige Subventionspraxis in der Landwirtschaft kommt besonders den großen Betrieben zugute und bringt Umweltzerstörung, Höfesterben und Industrialisierung. Das wollen wir nicht in Bayern und nicht für Europa. Die Subventionierung des Insektensterbens mit europäischen Geldern muss beendet werden. Unser Ziel ist eine starke EU-Politik für ländliche Räume, Landwirtschaft, Lebensmittel und Umwelt. Dazu gehört ein Verbot von Glyphosat und giftigen Pestiziden, womit wir auch Insekten und Vögel schützen. Außerdem stehen wir für eine konsequente Regulierung und Transparenz bei der Gentechnik. Patente auf Saatgut, Pflanzen und Tiere lehnen wir ab. Die Ökologisierung der europäischen Landwirtschaftspolitik bietet das größte Potenzial für Klimaschutz, Wasser-, Boden-, Tier- und Artenschutz.
Wir fordern eine umfassende europäische Strategie für den Zeitraum ab 2020 und ein Nachfolgeprogramm für das 7. Umweltaktionsprogramm. Natura-2000 Gebiete müssen verteidigt, verbessert und möglichst vergrößert werden. Großschutzgebiete müssen besser geschützt werden, ebenso wie National- und Naturparke und Biosphärenreservate. Wir wollen bis 2030 in der EU die Wildnisflächen verdoppeln.
Eine nicht nachhaltige auf Export ausgerichtete Agrarpolitik bedroht die Märkte in Entwicklungsländern, ist aber auch für massive Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung verantwortlich. Die Verstärkung von Armut und Hunger durch fehlgeleitete Subventionen muss beendet werden.
Die EU hat sich kürzlich auf ein Verbot von Wegwerfprodukten aus Plastik geeinigt. Das ist ein guter Schritt von vielen notwendigen Maßnahmen gegen die Vermüllung unserer Erde durch Kunststoffe. Wichtig ist, bis 2030 unseren Verpackungsmüll in der EU um 50% reduzieren, um der immer weiter zunehmenden Plastikflut wirkungsvoll etwas entgegenzusetzen. Wir fordern eine europäische Plastiksteuer, die in eine umfassende Strategie zur Einsparung und Vermeidung von Kunststoffen eingebettet sein soll. Auch bayerische Gewässer sind bereits nachweislich mit Mikroplastik belastet. Wir brauchen ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und Pflegeprodukten. Außerdem wollen wir hohe und verbindliche Mehrwegquoten und ein EU-weites einheitliches Pfandsystem für Einweggetränkeflaschen einführen. Ab 2030 sollen zudem alle in der EU in den Verkehr gebrachten Kunststoffprodukte wiederverwendbar sein, komplett abbaubar sein oder kosteneffizient recycelt werden können.
Wir setzen auf eine europäische Verkehrswende, mit weniger, aber leiseren und sauberen Autos, auf mehr Fuß- und Radverkehr, bessere Angebote beim Öffentlichen Personen Nah- und Fernverkehr, weniger Kurzstreckenflüge und vernetzte Mobilität. Wir benötigen ein besseres europäisches Schienennetz. Wir fordern, dass Europa Weltmarktführer für saubere Mobilität wird. Wir wollen weg vom fossilen Verbrennungsmotor und hin zu abgasfreien Antrieben, Hier liegt die Zukunft der bayerischen Automobilindustrie und nicht in Diesel- und Abgas-Tricksereien. Ab 2030 sollen nur noch abgasfreie Autos zugelassen werden. Wir fordern auch ein Ende der Steuerbefreiung von Kerosin.
Europa steht vor der Herausforderung, sein Wirtschafts- und Finanzsystem so umzugestalten, dass es ressourcenschonend und ressourceneffizient arbeitet und damit auch einen Beitrag zu mehr globaler Gerechtigkeit leistet. Dazu müssen unter anderem die sozialen und ökologischen Kosten unserer Art zu wirtschaften und zu leben, transparent gemacht und in die Preise integriert werden. Wir wollen eine europäische Kreislaufwirtschaft fördern, regionales Wirtschaften und auch die Gemeinwohlökonomie stärken. Öffentliche Gelder sollen für nachhaltige und ökologisch transparente Geldanlagen (Divestment) verwendet werden. Für kleine und mittlere Unternehmen vor allem des Handwerks soll der Zugang zu EU-Förderprogrammen für energie- und ressourceneffiziente Produktion erleichtert werden.
Durch europäisches Recht – und von der EU-Kommission gefordert – wird bereits ermöglicht, dass sich die öffentliche Beschaffung verbindlich an ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen Kriterien orientiert. Dies muss auch in Deutschland und Bayern endlich umgesetzt werden. Für die Lieferketten von Unternehmen wollen wir auf EU-Ebene verbindliche Sorgfaltspflichten, Transparenz sowie effektive Sanktionen bei Verstößen und Menschenrechtsverletzungen. Dazu ist die EU zum Beispiel beim Thema Konfliktrohstoffe bereits auf einem guten Weg. Diesen gilt es weiterzuverfolgen und auf andere Themen auszudehnen.
Wir wollen die Digitalisierung und die Nutzung Künstlicher Intelligenz ökologisch und sozial gestalten – mit einer mutigen europäischen Innovationspolitik. Die Digitalisierung bietet beispielsweise große Chancen bei der Modernisierung der Energiewirtschaft, In ganz Europa ist Digitalisierung eine positive Gestaltungsaufgabe unter Berücksichtigung der Datensouveränität, aber auch des Datenschutzes der Bürger*innen.
Sichern und Stärken, was uns ausmacht: Freiheit, Demokratie und Menschenrechte
Europa ist Vorreiterin bei der Gleichberechtigung. Bürger- und Menschenrechte sind vor europäischen Gerichten einklagbar. Europas Werte basieren auf Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Doch aktuell sehen wir mit großer Sorge das Erstarken rechtsnationaler und rechtsradikaler Kräfte in Europa. In Österreich gibt es offene Bemühungen gegen die Pressefreiheit, in Italien regieren Faschisten mit Antieuropäerinnen. Und in Polen, Rumänien und Ungarn untergraben die Regierungen Demokratie und Rechtsstaat. Wir nehmen mit Entsetzen wahr, wie die CSU Victor Orban als engen Freund hofiert – einen autoritären Politiker, der die Opposition mundtot macht, die Pressefreiheit mit Füßen tritt und die Spaltung der ungarischen Gesellschaft vorantreibt. Es ist beschämend, wenn fast alle CSU-Europaabgeordneten gegen die Aufnahme des im September 2018 vom EU-Parlament auf den Weg gebrachten Strafverfahrens gegen die ungarische Regierung wegen Verstößen gegen demokratische und rechtstaatliche Prinzipien gestimmt haben.
Wir Grüne verteidigen die Werte Europas und stellen uns autoritären Kräften in der EU, in Deutschland und in Bayern entschieden entgegen. Wenn eine nationale Regierung europäische Grundwerte in Frage stellt, sollen die EU-Gelder an den Regierungen vorbei direkt an Kommunen, Regionen und zivilgesellschaftliche Organisationen vergeben werden können.
Die Herausforderungen der grenzüberschreitenden Sicherheitsbedrohungen, wie Terrorismus oder Cybercrime können nur gemeinsam bewältigt werden. Eine engere Zusammenarbeit und bessere EU-weit koordinierte Polizeiarbeit sind dabei von Nöten. Die gemeinsamen europäischen Standards beim Datenschutz müssen dabei ebenso eingehalten werden wie das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten.
Europa bedeutet für uns Humanität und Solidarität. In Kenntnis unserer eigenen Geschichte werden wir das Menschenrecht auf Asyl verteidigen. Das Sterbenlassen von Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ist moralisch inakzeptabel und völkerrechtswidirg. Wir wollen legale Wege für Flucht und Einwanderung und ein liberales Einwanderungsgesetz schaffen. Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden, dafür müssen auf europäischer Ebene politische Lösungen gefunden werden. Wir brauchen einen gerechten Verteilungsschlüssel von Geflüchteten unter den Mitgliedstaaten. Und wir brauchen neben funktionierender humanitärer Hilfe und der Unterstützung der unzähligen Ehrenamtlichen, die jeden Tag viel für Integration leisten, auch eine überzeugende Politik, die zu globaler Gerechtigkeit führt.
Als größter Geberin im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit kommt der EU eine besondere Verantwortung zu. Jegliches politisches Handeln muss sich entlang der „Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen“ (SDGs) ausrichten. Oberste Richtschnur der Außenpolitik der EU und ihrer Mitglieder muss die Sicherung der Menschenrechte sein. Die Trennschärfe zwischen entwicklungspolitischen und militärischen Maßnahmen muss bewahrt werden. Mittel der Entwicklungszusammenarbeit dürfen nicht länger an afrikanische Regierung für die Grenzabwehr gegeben werden. Darüber hinaus wollen wir die Wirtschaftsabkommen (EPAs) mit Ländern in Afrika, die den Aufbau einer eigenen Wirtschaft in diesen Ländern verhindern, stoppen und zu einer echten Entwicklungspartnerschaft auf Augenhöhe übergehen. Wir wollen Handel, der fair ist und damit gleichermaßen Entwicklung ermöglicht und Umwelt und Klima schont.
Immer noch haben Frauen durchschnittlich weniger Geld und weniger Macht als Männer. Sie werden für gleichwertige Tätigkeiten schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen – auch, weil viele Frauen in Berufen arbeiten, die finanziell zu gering entlohnt werden. Um das zu ändern, fordern wir eine europaweite Richtlinie, die Kriterien für die Vergleichbarkeit von Tätigkeiten festlegt und Transparenz über Löhne und Gehälter für alle schafft. Erstmals gibt es für den europäischen Raum ein völkerrechtlich bindendes Instrument zur umfassenden Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen: die Istanbul-Konvention. Wir setzen uns nun dafür ein, dass diese wichtige Vereinbarung konsequent in den EU-Staaten umgesetzt und eingehalten wird. Dafür fordern wir eine Richtlinie gegen Gewalt an Frauen, die konkrete Ziele vorgibt, damit Frauen und Mädchen besser geschützt werden, Verletzungen sanktioniert und vor dem Europäischen Gerichtshof eingeklagt werden können. Die EU sollte bestehende Förderprogramme für Hilfs- und Beratungsangebote aufstocken.
Europas Demokratie lebt vom Dialog. Wir vertiefen den Dialog mit den pro-europäischen Bürgerbewegungen, denn wir wollen ein bürger*innennahes Europa und keines, das in einem Elfenbeinturm Entscheidungen fern von den Menschen trifft. Darum wollen wir die Europäischen Entscheidungsprozesse weiter demokratisieren und das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative stärken. Das direkt von den Bürger*innen demokratisch legitimierte EU-Parlament soll endlich ein Gesetzesinitiativrecht bekommen. Mit mehr Transparenz wollen wir das Vertrauen in europapolitische Entscheidungsprozesse erhöhen. Dazu braucht es verbindliche Lobbyregister für alle EU-Institutionen. Wir wollen, dass Europa den Menschen zuhört und die Menschen in der EU eine Partnerin im Einsatz für ihre Rechte haben. Wir Grüne stärken die soziale Säule der EU, setzen uns für existenzsichernde Mindestlöhne im europäischen Rahmen ein und verstärken die Unterstützung von Jugendlichen und ihrer Ausbildung im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit.
Mehr Offenheit, mehr Transparenz, mehr Beteiligung – nur so wird die EU nicht nur einen Platz in den Köpfen, sondern auch in den Herzen der Menschen finden.
Europas Zukunft ist die Jugend
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind mit der europäischen Integration aufgewachsen. Jede Generation muss den europäischen Geist mit neuem Leben füllen. Europa lebt vom Austausch der Kulturen, von gegenseitigem Verständnis und vom Miteinander.
Junge Menschen sollen die Gelegenheit haben sich europäisch auszutauschen, ihre Nachbarstaaten kennen zu lernen und länderübergreifende Freundschaften zu schließen. Wir fordern deshalb, dass jede*r im Laufe seiner Schul-, Ausbildungs- und Studienzeit eine Form des europäischen Austauschs wahrnehmen kann. Wir setzen uns für eine Weiterentwicklung des ERASMUS+ Programm ein, die neben dem Hochschulbereich auch Schule und Ausbildung noch stärker in den Fokus nimmt.
Finanzieren, was es uns wert ist
Wir in Europa profitieren vom gemeinsamen Binnenmarkt und Klimaschutz, vom Frieden und der Solidarität. Alleine für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) erhält Bayern in der laufenden Förderperiode von der EU rund 1,5 Milliarden Euro und rund 700 Millionen Euro aus dem Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Davon sind insgesamt knapp 200 Millionen Euro für die Europäische Territoriale Zusammenarbeit bestimmt (INTERREG V). Wir wollen Europa ökologischer und sozialer machen. Wir wollen es dort stärken, wo Nationalstaaten alleine überfordert sind die Zukunft zu gewinnen. Die Gestaltung des neuen mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) bietet die Chance, das zu tun.
Die EU soll zugunsten einer soliden Finanzierung europäischer Gemeinschaftsgüter eigene Steuern und Abgaben generieren können. Wir tun etwas gegen die Steuerflucht der großen Digitalkonzerne von Amazon bis Facebook, wenn wir eine am Umsatz orientierte europäische Digitalsteuer einführen. Steuern auf CO2 und Plastik tragen zur Umsetzung ökologischer Ziele bei und eine Steuer auf spekulativen Handel via Finanztransaktionssteuer beteiligt Spekulanten gerecht an der Finanzierung des europäischen Gemeinwesens.
Steuersümpfe austrocknen und der Steuervermeidung internationaler Unternehmen wie Starbucks das Handwerk legen. Die EU-Kommission hat – gerade unter dem Druck von uns Grünen – endlich damit begonnen, individuelle Absprachen zwischen Mitgliedstaaten und Großunternehmen als illegale staatliche Beihilfen zu verfolgen und auch zu ahnden. Das geht in die richtige Richtung. Aber das reicht nicht: Wir wollen das europäische Wettbewerbsrecht so weiterentwickeln, dass es zur scharfen Waffe wird, mit der die EU-Kommission den zerstörerischen Steuerwettbewerb auf Kosten der anderen Mitgliedstaaten bekämpfen kann.
Gemeinsam Lösungen vor Ort finden: Europa der Kommunen und Regionen
Friedliches Zusammenleben gründet auf der Bereitschaft andere zu verstehen, andere Sichtweisen kennenzulernen und die eigene zu überprüfen. Unser Europa denkt das „Zusammen“ und setzt nicht auf das Trennende. Unser Europa schlägt Brücken durch ein friedliches, grenzüberschreitendes Zusammenleben von Kommunen, Regionen und Mitgliedstaaten.
Wir wollen, dass so viele Entscheidungen wie möglich im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip auf kommunaler Ebene getroffen werden. Und die EU kann dabei gut unterstützen, wo Kommunen an Grenzen stoßen. Das Beste erreichen für die bayerischen Bürger*innen – Hand in Hand, auf kommunaler und Europaebene.
Beim europäischen Gesetzgebungsverfahren und der Entwicklung von Förderprogrammen sollen Kommunen, Regionen und Nichtregierungsorganisationen ein gesichertes Mitspracherecht in Form von Konsultationen, Anhörungen und Feedbacks erhalten. Der Vorteil hiervon liegt auf der Hand: Damit wird ihre Expertise in europäische Entscheidungsprozesse eingebunden und Entscheidungen auch von denjenigen mitgestaltet, die davon betroffen sind.
Daseinsvorsorge sichern
Alle Bereiche der Öffentlichen Daseinsvorsorge müssen vor Deregulierung und Privatisierung geschützt werden. Der europäische Binnenmarkt mit seinen Wettbewerbsregeln ist eine wichtige Errungenschaft, es darf aber dadurch nicht die Grundversorgung der Bürger*innen gefährdet werden. Deshalb dürfen Kommunen nicht zur Privatisierung öffentlicher Güter gezwungen werden, ein funktionierendes lokales Wassernetz beispielsweise nicht zum Spekulationsobjekt für internationale Unternehmen werden – auch nicht durch die Hintertür internationaler Handelsabkommen. Nach heftigem Widerstand der europäischen Bürgerschaft wurden die ursprünglichen Pläne der EU-Kommission, die Trinkwasserversorgung der Konzessionsrichtlinie zu unterwerfen, wieder aufgegeben. Dieser Erfolg zeigt, wie stark die Europäische Zivilgesellschaft sein kann und wie wichtig die Zusammenarbeit aller politischen Ebenen ist.
Daseinsvorsorge, das heißt auch bezahlbarer Wohnraum in den Städten. Bisher begrenzt die EU die Möglichkeiten Sozialwohnungen zu fördern. Wir wollen, dass Europa den Sozialen Wohnungsbau stärkt und dafür Mittel des Struktur- und Investitionsfonds bereitstellt.
Energie- und Klimapolitik soll nicht nur Sache von finanzstarken Investoren und Großunternehmen sein, sondern die von Bürger*innen, Kommunen und Regionen: Wir wollen, dass die Energieerzeugung verstärkt in Bürgerhand kommt. Davon profitieren alle.
Wir wollen, dass auch die Verantwortung für den ÖPNV bei den Städten und Kommunen liegt, ganz im Sinne einer nachhaltigen, umfassenden Mobilitätsstrategie, die regionale Komponenten adäquat berücksichtigt. Die EU kann dabei konstruktiv unterstützen, indem sie Regeln für Transparenz und fairen Wettbewerb bei Großprojekten ausbuchstabiert.
Zusammenleben über Grenzen hinweg
Wir wollen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf regionaler und kommunaler Ebene beleben. Städtepartnerschaften, Erasmus +, Europa für Bürgerinnen und Bürger, Kreatives Europa und der Europäische Sozialfonds für die Begegnung europäischer Bürger*innen unterstützen den europäischen Gemeinschaftsgedanken und das „Wir“–Gefühl. Kultur ist Kern und Antrieb jeder gesellschaftlichen Entwicklung. Unser Auftrag ist es daher, sie noch stärker zu fördern und ihren europäischen Austausch voran zu treiben.
Bayern arbeitet bei grenzüberschreitenden Europaregionen mit, wie bei der Euregio Bayerischer Wald-Böhmerwald-Unterer Inn e.V. Deren gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit baut Schranken ab und stärkt Vertrauen. Wir wollen dafür sorgen, dass ein solches Engagement nicht durch bürokratische Hürden bei der Beantragung von Finanzmitteln ausgebremst wird. Die europäische territoriale Zusammenarbeit wird durch die INTERREG-Programme der EU gefördert. Seit mehr als 20 Jahren werden damit grenzüberschreitende Kooperationen zwischen Regionen und Städten unterstützt. Bayern ist derzeit beispielsweise an drei INTERREG V A –Programmen beteiligt. Konkret heißt das: Kommunen, Unternehmen, Behörden, Universitäten und Verbände aus Bayern können die Zusammenarbeit mit Partnern über ganz Europa über Grenzen hinweg gefördert bekommen. Wir wollen, dass die INTERREG-Programme erhalten und erweitert werden.
Fördermittel neu ausrichten
Viele Gebäude oder Projekte werden von EU-Haushaltsmitteln gefördert, auch in Bayern. Ein Drittel des EU-Haushaltes fließt in Förderprogramme, die regionale und lokale Projekte unterstützen, auch vor Ort bei uns. Die EU-Mittel der Struktur- und Kohäsionsfonds stärken ländliche Räume, sie geben damit auch kleineren Landwirtschaftsbetrieben eine Chance und tragen die Naherholung, Industrie- und Dienstleistungsregionen vor Ort mit. Damit bremsen sie die Landflucht, weil sie jungen Menschen die Chance geben, am Heimatort einen qualifizierten Arbeitsplatz zu erhalten bleiben und Älteren ein attraktiveres Lebensumfeld bieten. Wir wollen den Kommunen einen einfachen, direkten Zugang zu EU-Fördermitteln ohne immensen Verwaltungsaufwand ermöglichen, damit die Antragstellung gerade für kleinere Projekte unkomplizierter wird. Und wir fordern eine Vergabe von Fördermitteln, die sich an ökologischen Zielen orientiert, Armut bekämpft und den sozialen Zusammenhalt stärkt.
Starke Grüne in einem ökologischen und sozialen Europa
Wir Grüne setzen uns ohne Schlingerkurs mit ganzer Kraft für ein rechtsstaatliches, tolerantes und weltoffenes Europa ein. Jede Stimme für Grün bei den Europawahlen ist eine Stimme gegen autoritäre Tendenzen, gegen Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit jeglicher Art in Europa. Wir stehen ein für Menschenrechte und für Solidarität – denn Europa gründet sich auf die Werte der Humanität. Wir treten ein für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, Frieden und Menschenrechte, Ökologie und sozialer Zusammenhalt. Für ein Europäisches Parlament mit starken Grünen als der treibenden Kraft einer pro-europäischen und sozial-ökologischen Mehrheit. Dafür werden wir auf allen politischen Ebenen kämpfen.
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