Beschluss vom Landesausschuss am 12.12.2020
Unsere Gesellschaft besteht zu einem großen Teil aus Sprache, Bildern und Symbolen und prägt diese gleichermaßen in einem Kreislauf. Dabei können neue Bilder geschaffen werden aber auch alte manifestiert werden. Deshalb spielt die Darstellung von Weiblichkeit in den Medien, egal ob digital oder analog, eine große Rolle dabei, was Frauen gesellschaftlich zugestanden und zugetraut wird und trägt somit bei Grenzen des Möglichen für Individuen zu setzen. Die Medienwelt spiegelt nach wie vor ein sehr stark vom Patriarchat geprägtes Rollenverständnis von Weiblichkeit wider. Dieses gilt es im Kampf für Gleichstellung zu überwinden. Als GRÜNE müssen wir hier an vorderster Front voran gehen, auf das Thema aufmerksam machen und aktiv gegensteuern.
Darstellung von Expert*innen in traditionellen Medien (Fernsehen und Print-Medien)
In außergewöhnlichen Zeiten, wie die der Corona Pandemie, haben Expert*innen Meinungen Hochkonjunktur. Und obwohl alle Geschlechter von der Pandemie betroffen waren und sind, waren Frauen im Fernsehen mit nur 22% deutlich unterrepräsentiert. Besonders im medizinischen Bereich ist dies auffällig, da Frauen mit 47% knapp die Hälfte der Mediziner*innen stellen und auch im Bereich Virologie und Epidemiologie mit 45% gut repräsentiert sind, aber nur in 17% der Fälle als Expertinnen vorkamen. Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Pflege, in der Frauen auch nur in 17% der Fälle als Expertinnen befragt wurden. Die Abwesenheit von weiblichen Stimmen nimmt Einfluss auf den Verlauf des öffentlichen Diskurses und bestimmt dessen Richtung. Für eine geschlechtergerechte Welt ist es daher essenziell, dass weibliche Expertinnen gleichermaßen gehört werden und somit eine vielseitigere Debatte entstehen kann.
Forderungen:
- „Female First“ Prinzip: Redaktionen von öffentlich-rechtlichen Sendern müssen durch Rundfunk und Fernseh-Räte dazu angehalten werden, immer zuerst Expertinnen anzufragen.
- Globale Expertinnen anfordern: Sollten keine weiblichen Expertinnen im Inland oder deutschsprachigem Raum verfügbar sein, sollte die Suche auf internationale Expertinnen erweitert werden. Dies erweitert nicht nur den Pool an Expertinnen erheblich, sondern fördert zudem einen breiteren Blick auf Themen mit internationaler Perspektive.
- “Virtuelle Präsenz ist gleichwertig” Prinzip: Corona hat uns gezeigt, dass zugeschaltete Gäste an der Debatte teilhaben können.
Darstellung von Frauen in Film und Fernsehen
Unterhaltungsmedien prägen unsere Vorstellung von Rollenbildern stark und dennoch sind weibliche Rollen noch immer erheblich unterrepräsentiert oder einseitig. Über alle Fernsehprogramme hinweg kommen auf eine Frau zwei Männer und wenn sie gezeigt werden, dann mehr als doppelt so häufig im Kontext von Beziehungen und Partnerschaft. Zudem nimmt die Darstellung mit dem Alter sukzessiv ab: Sind unter den 20 bis 30-Jährigen, Frauen und Männer noch gleichermaßen vertreten, verringert sich dies erst auf eins zu zwei und dann sogar ab 50 Jahren auf eins zu drei. In Kinderprogrammen ist ein ähnliches und teils noch gravierenderes Bild zu beobachten. Zum Beispiel wächst der Unterschied in der fiktionalen Fantasiewelt von Tierfiguren sogar auf eins zu neun an.
Forderungen
- Fördertöpfe anpassen: Viele Produktionen werden staatlich gefördert und können somit steuernden gleichstellungspolitischen Kriterien unterworfen werden. Wir streben an, bei der Vergabe von Mitteln ein Gender Budgeting einzuführen.
- Diversitätskriterien bei Preisverleihungen: Preise, die von öffentlichen Institutionen vergeben werden, sollten an die Erfüllung von Diversitätskriterien gebunden werden. Preisverleihungsgremien sollten streng quotiert werden.
- Selbstverpflichtungen: Private Produktionsfirmen sollten dazu angehalten werden, eine Selbstverpflichtung zur Förderung von Vielfalt in ihren Produktionen zu erfüllen.
Darstellung von Frauen in der Werbung
Werbung zielt direkt darauf ab unser Konsumverhalten zu manipulieren. Dies geschieht indem Bedürfnisse geweckt werden. Wenn Frauen in der Werbung sexualisiert dargestellt werden, geht es nicht nur darum alte Rollenbilder zu verfestigen, sondern auch um neue davon abgeleitete Bedürfnisse für die Zukunft. Deshalb ist es essenziell, dass in dieser Branche darauf geachtet wird, eine gleichgestellte und diverse Gesellschaft abzubilden. Junge Frauen benötigen vielfältig Rollenbilder, die als Vorbildfunktion nicht nur in Filmen und Serien oder als Expertinnen auftreten, sondern auch in der Produktwerbung für Marken werben. Durch die Aktion Werbemelder*innen aus 2018 von Pink Stinks wurde dieses Thema in Deutschland öffentlicher und die Agenturen traten in den Dialog. Darauf Bezug nehmend wurde in 2020 von der Agentur Scholz & Friends eine Abteilung für Inklusion, Diversität und Gleichstellung aufgebaut, die einen Aktionsplan verfasste, um die Gleichstellung bis 2022 voranzutreiben. Diese Entwicklungen müssen wir als GRÜNE unterstützen und fördern.
Forderung:
- Nationales Gütesiegel für Sexismus-freie, diverse und inklusive Kommunikation entwickeln und somit der Agenturwelt eine Zertifizierung anbieten.
- Die Zusammensetzung des Werberats muss Diversitätskriterien erfüllen
Darstellung von Frauen in digitalen und KI basierten Medien
Unsere Welt wird immer stärker von künstlicher Intelligenz beeinflusst und greift somit in alle Bereiche unseres Lebens ein. Auch digitale Medien sind stark von den Ihnen zugrundeliegenden Algorithmen beeinflusst und tragen einen immer größer werdenden Teil zur Wahrnehmung der Frauen in der Gesellschaft bei. Aktuell ist eine massive Verzerrung der weiblichen Lebenswirklichkeit von Frauen in digitalen Räumen zu beobachten.
So verändert die Bildwelt z. B. auf Instagram die Selbstwahrnehmung junger Frauen.
Sog. DeepFakes sind eine Algorithmen-basierte Form der Content Kreation, in der Personen oder ihre Inhalte in einen neuen Sinnzusammenhang gestellt werden. Diese Technik trägt dazu bei, dass Inhalte von Frauen gefälscht werden oder, dass sie als Sexobjekte missbraucht werden. Betroffene von DeepFakes und digitaler Gewalt müssen – etwa bei der Durchsetzung ihrer Rechte – wirksam unterstützt werden.
Die differenzierte Darstellung von Frauen wird von geschlechterblinden Algorithmen aus den Medien verdrängt. Nachrichten und andere digitale Inhalte werden von Bots und Systemen der künstlichen Intelligenz erstellt. Es müssen Richtlinien für geschlechtergerechte Entwicklung von Anwendungen entwickelt und Unternehmen zur diskriminierungsfreien Ausgestaltung von Algorithmen verpflichtet werden, um damit der medialen Reproduktion von gesellschaftlichem Bias entgegenzuwirken.
Forderung:
- Schutz vor Diskriminierung durch die Sicherstellung von gendersensiblen Algorithmen, transparenten Codes und – wenn notwendig Anwendung synthetischer/künstlich kreierter Datensätze, anhand derer die KI trainiert wird. Siehe auch ähnliche Anträge.
- Verbandsklagerecht um Verbraucher*innen zu schützen.
- Verträge zwischen Influencer*innen und Unternehmen: Darauf hinwirken, dass Verträge bestimmte Kriterien erfüllen müssen wie z.B. die Offenlegung von Filtern
- Richtlinien für Redakteur*innen und Werbung bei der Übernahme von automatisierten Inhalten, um das Risiko der Algorithmen-basierten Reproduktion von Bias zu reduzieren.
- Förderung von Studien zu den Auswirkungen von Social Media auf unsere Psyche und unser Gehirn
- Präventionsarbeit und Förderung der Medienkompetenz bei Erzieher*innen, Lehrkräften und Eltern
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