Die bayerischen GRÜNEN sind mit einer Jahresauftakt-Pressekonferenz ins Wahljahr 2023 gestartet. Mit dabei waren das Spitzenduo Katharina Schulze und Ludwig Hartmann und die Landesvorsitzenden Eva Lettenbauer und Thomas von Sarnowski. Die vier haben zurückgeblickt auf ein Jahr grüne Regierungsbeteiligung im Bund, den Programmprozess für die Landtagswahl 2023 und auf die Parteientwicklung der GRÜNEN Bayern. Thematischer Schwerpunkt für den Anfang von 2023 sind Kinder. Mit einem Positionspapier stellen wir die Kinder in den Vordergrund.
Kinder-Kickstart für Bayern
Wir GRÜNE stellen Kinder ins Zentrum unserer Politik. Denn unsere Kinder sind das Wertvollste, was wir haben. Sie werden am längsten in unserem schönen Bayern leben. Wer das Recht unserer Kinder auf eine gute Zukunft und beste Bildung von Anfang an ignoriert, hat nach wie vor nichts verstanden. Wir sagen „Kinder first“ – weil sie darauf angewiesen sind, dass wir ihnen eine lebenswerte Zukunft bauen. Bayerns Kinder haben es verdient, dass die Politik sie und ihre Bedürfnisse endlich ernst nimmt. Und Bayerns Eltern haben es verdient, dass die Politik endlich zuhört und gezielt unterstützt.
Endlich eine Familie gründen, ein Kind beim Aufwachsen begleiten – davon träumen so viele Menschen in Bayern. Doch wenn das erste Kind da ist und die Eltern einen guten Kita-Platz in Bayern suchen, schlagen sie in der harten Realität auf: volle Kitas und zu wenig Erzieher*innen. Der rechtliche Anspruch auf einen Kita-Platz ist in Bayern nur graue Theorie: Es fehlen zehntausende Kita-Plätze und Erzieher*innen. Dabei brauchen Kinder in Kita und Kindergarten nicht nur jemanden, der sie tröstet, wenn sie fallen. Sondern auch jemanden, der ihre Neugierde weckt und ihre Talente fördert – und Zeit für sie hat. In der Schule wird es nicht besser. Auch Hortplätze sind Mangelware, ständig fällt Unterricht aus, die Lehrpläne sind veraltet. Die Wirklichkeit für Kinder und ihre Familien ist unnötig ungerecht.
Ein erfülltes Leben nimmt auf unbeschwerten Kindesbeinen seinen Anfang. Kinder benötigen ein soziales Umfeld, um zu lernen. Zu wachsen. Und die Welt zu entdecken. Alle Kinder sollen das bekommen, was sie verdienen: Gleiche Chancen, die eigenen Talente zu entdecken. Gleiche Chancen, später in einem Büro zu arbeiten, eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen, als Handwerksmeister*in zu gestalten oder CEO eines Digitalkonzerns zu werden. Gleiche Chancen, das zu tun, was ihnen selbst Spaß macht und ihr Leben erfüllt.
In Zeiten des Fachkräftemangels ist es nicht tragbar, dass die Hälfte der Gesellschaft ihr Potenzial nicht richtig entfalten kann. Es fehlt an hochwertigen Betreuungsplätzen – und wer bleibt deswegen meist zuhause? Die Frauen. Und diese Ungerechtigkeit wird auch noch durch die Förderpolitik der CSU-Staatsregierung verschärft. Dabei hat die Wirklichkeit das alte Denken der CSU längst überholt: Bayerische Familien sind so vielfältig wie das Leben. Familienfotos sind heute deutlich bunter als früher: ob mit oder ohne Trauschein, alleinerziehend oder in Partnerschaft, auch mal mit zwei Papas.
Familien sollen selbstbestimmt entscheiden können, welches Modell sie für sich wählen. Wir wollen allen Familien ermöglichen, selbst die Wahl zu haben, wie sie leben und arbeiten möchten. Wir überwinden finanzielle Fehlanreize, die einem Elternteil die ganze Care-Arbeit aufdrücken und den anderen zwingen, das ganze Geld alleine zu verdienen. Denn Familien brauchen beim Großziehen von Kindern Freiheit und Raum, um sich voll zu entfalten.
Wir GRÜNE zünden den Kinder-Kickstart und machen Bayern für Familien gerechter und lebenswerter. Wir sorgen für mehr Kinderbetreuungsplätze, machen Familie und Beruf miteinander vereinbar und fördern echte Gleichberechtigung in Familien. Damit investieren wir in die Zukunft Bayerns: in unsere Kinder.
Wir GRÜNE fordern:
Qualitätsoffensive – 100 Prozent der Bundesmittel in Kita-Qualität investieren
In Kitas investieren heißt in Personal und Qualität zu investieren. Es ist Zeit für ein neues Investitionsprogramm für Fachkräfte in Kitas! Das Geld dafür ist da, wird von der Staatsregierung bislang aber anders eingesetzt: Wir fordern, 100 Prozent der Bundesmittel aus dem neuen Kita-Qualitätsgesetz in Qualität zu investieren. Die Staatsregierung hat bislang die Bundesmittel lieber in einkommensunabhängige Gebührenentlastung gesteckt. Das rächt sich jetzt – was die Zahlen zeigen: Schon jetzt fehlen rund 62.000 Kita-Plätze für das Jahr 2023. Das Problem lässt sich vor allem über die Steigerung der Qualität der Kitas lösen: Nur wenn Arbeitsplätze in Kitas attraktiver und besser bezahlt werden, wählen mehr Menschen diesen Job. Höhere Qualität der Jobs sorgt perspektivisch für eine höhere Anzahl an Kita-Plätzen. Wir wollen in Zukunft mehr staatliche Mittel einsetzen, um Fachkräfte zu halten, zu gewinnen und zu binden. Wir wollen Erzieher*innen ermöglichen, ihre pädagogischen Fähigkeiten in einem guten Arbeitsumfeld anzuwenden. Wenn das Personal Leitungsaufgaben übernimmt, Elterngespräche führt, Zusatzqualifikationen erwirbt, dann muss dies in der Arbeitszeit einkalkuliert und angemessen bezahlt werden.
Aufwertung der Kindertagespflege
Die Kindertagespflege ist ein wichtiger Baustein der frühkindlichen Bildung und Betreuung. Aber es fehlt derzeit an gesellschaftlicher und politischer Anerkennung. Die Rahmenbedingungen in der Kindertagespflege spiegeln ihre Bedeutung in Bayern nicht wider. Es braucht eine verbindliche Mindestbezahlung. In Bayern gelten derzeit nur unverbindliche Empfehlungen der Landesregierung. Um die Tagespflege qualitativ auf ein höheres Niveau zu heben, braucht es eine höhere Mindestqualifizierung. Wir fordern 300 Unterrichtseinheiten statt den bisherigen 100. Es braucht tätigkeitsbegleitende Fortbildungen, die auch in der Kindertagespflege kompensiert werden. Weil mit einer besseren Ausbildung und Bezahlung ein Job in der Kindertagespflege attraktiver wird und Kinder besser gefördert werden.
50/50-Bonus
Bayern belohnt künftig Gleichberechtigung: Wenn beide Partner*innen 50 Prozent der Elternzeit nehmen, kriegt die Familie 3000 Euro geschenkt.
Warum es das braucht? Weil finanzielle Anreize im Moment oft die Aufteilung der Elternzeit bedingen. Väter nehmen meist nur zwei Monate Elternzeit – und das oft gleichzeitig mit der Mutter. Gleichberechtigte Sorgearbeit stärkt die langfristige Bindung beider Elternteile zum Kind. Sie ermöglicht den Frauen in der Elternzeit und auch danach eine gleichberechtigte Wahl, wie sie leben und arbeiten wollen. Gut ausgebildete Frauen können so leichter im Job bleiben und verlieren keine Karrierechancen. Für den Arbeitsmarkt bleiben viele Fachkräfte erhalten. Und für die Väter ist es eine große Chance, mehr Zeit mit dem Nachwuchs zu verbringen und eine innige Bindung aufzubauen. Gerade in den ersten Kindesjahren sollten Eltern die Wahlfreiheit haben. Der 50/50-Bonus ist dazu ein Beitrag.
Qualifizierungsoffensive für die Ganztagesbildung
Ab 2026 gilt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Schon jetzt ist absehbar, dass die Bemühungen der Staatsregierung hier nicht ausreichen. Schätzungen zur Folge werden für das Schuljahr 2026/2027 rund 7000 neue Vollzeitstellen gebraucht. Um dem Fachkräftemangel präventiv entgegenzutreten, braucht es eine Qualifizierungsoffensive: bessere Vergütung, beginnend bereits in der Ausbildungsphase, bessere Theorie-Praxis-Verzahnung, flexiblere Arbeitszeitmodelle, Aufstiegsperspektiven, Förderung von Vielfalt und Inklusion, modulare Quereinstiegsmodelle und bedarfsgerechte Möglichkeiten zur Weiterbildung während des gesamten Arbeitslebens. Ganztagesbildung orientiert sich an den Bedürfnissen und Interessen des einzelnen Kindes und stärkt zugleich die soziale Gemeinschaft. Dafür brauchen wir qualifizierte Fachkräfte, die in Teams arbeiten, Zeit für Austausch und Vernetzung haben und angemessen bezahlt werden. Das ist kein Thema der Zukunft: Die Grundlagen für eine gute Ganztagesbildung müssen jetzt gelegt werden.
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