Schutz und Respekt für das kommunalpolitische Ehrenamt

Kommunalpolitiker*innen setzen sich ehrenamtlich oder gegen eine geringe Aufwandsentschädigung in ihrem Ort ein und arbeiten sich zum Beispiel in Bauunterlagen ein, sitzen in Besprechungen über Dorferneuerungspläne oder schwitzen über kleinteiligen Finanzanträgen.

Sie werden aber auch in zunehmendem Maße belästigt, beleidigt, bedroht oder sogar körperlich angegriffen. Einschüchterungen und Beschimpfungen finden dabei nicht nur in der Anonymität der sozialen Medien im Internet statt, sondern sie erreichen auch die Amtsstuben und dringen bis in das Privatleben von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen vor.

Kommunalpolitik lebt aber von den Menschen, die sich einbringen, die etwas bewegen und ihren Ort mitgestalten wollen. Daher ist das kommunalpolitische Ehrenamt unbedingt zu schützen.

Weil wir hier leben.

Auf Antrag unserer Landtagsfraktion fand deshalb im November 2019 eine Expertenanhörung im Innenausschuss des Bayerischen Landtages statt, um die Bedrohungslage in Bayern zu beleuchten. Hier findest du die Erkenntnisse.

Daraus abgeleitet haben wir folgende sieben Maßnahmen erarbeitet, die im Januar 2020 auch als Antrag im Auschuss eingebracht wurden:

Betroffene nicht alleine lassen, Beratungsangebote schaffen

In Zusammenarbeit mit den Kommunalen Spitzenverbänden ist durch die Staatsregierung ein Konzept für eine zentrale Anlaufstelle für Beratung und Prävention zu entwickeln, die kommunale Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger sowie Mitarbeitende der Kommunalverwaltungen, die angegriffen, bedroht und anderweitig angefeindet werden, bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt, sie im Bedrohungsfall berät, Fortbildungs- und Informationsangebote bereithält und den Austausch zwischen den Betroffenen fördert. Die Anlaufstelle entwickelt auch Beratungs- und Hilfsangebote für betroffene Frauen, die sich kommunalpolitisch engagieren. Vorbilder dafür finden sich in anderen Bundesländern (z.B. Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg).

Ausstattung der Bayerischen Polizei überprüfen und an die Bedrohungslage anpassen

Damit Straftaten gegen kommunale Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger sowie Mitarbeitende der Kommunalverwaltungen konsequenter als bisher verfolgt werden können, braucht es – das wurde in der Anhörung im Innenausschuss am 13.11.2019 deutlich – eine bessere technische und personelle Ausstattung bei der Polizei. Die Staatsregierung wird dem Landtag im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit und Sport berichten, welche Konsequenzen sie im Bereich der Polizei aus der aktuellen Bedrohungslage von kommunalen Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern sowie Mitarbeitenden der Kommunalverwaltungen zieht. Insbesondere ist dabei darauf einzugehen, durch welche Maßnahmen, vor allem auch im Bereich der personellen und technischen Ausstattung, die Bayerische Polizei in die Lage versetzt werden kann, Straftaten gegenüber kommunalen Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern sowie Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung effektiver als bisher zu verhindern und zu verfolgen.

Dunkelfeld aufhellen

Eine wissenschaftliche Studie zur Generierung empirischer Daten und zur Aufklärung des Dunkelfeldes von Straftaten gegenüber kommunalen Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern sowie Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung ist in Auftrag zu geben.

 

 

Lücken im Strafrecht schließen

188 StGB (Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens) ist dahingehend zu ändern, dass auch auf kommunaler Ebene tätige Politikerinnen und Politiker vor üblen Nachreden und Verleumdungen, insbesondere über soziale Medien und das Internet geschützt werden.

 

 

Straftaten vor Gericht konsequent ahnden

Hassdelikte sollten auch von der Justiz entschlossener als bisher verfolgt werden. Die Staatsregierung wird dem Landtag im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit und Sport mündlich und schriftlich berichten, welche Konsequenzen sie im Bereich der Justiz zieht. Insbesondere ist dabei darauf einzugehen, durch welche Maßnahmen, vor allem auch im Bereich der personellen und technischen Ausstattung, Staatsanwaltschaften und Gerichte in die Lage versetzt werden können, Straftaten gegenüber kommunalen Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern sowie Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung konsequenter als bisher strafrechtlich zu verfolgen.

 

Mehr politische Bildung an den Schulen

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sie muss gelernt werden. Die politische Bildung ist deshalb an allen Schularten zu stärken und mit den schulischen Angeboten der Medienbildung/digitalen Bildung zu verzahnen. Ziel der Maßnahme ist der Erwerb von Demokratie- und Medienkompetenz durch alle Schülerinnen und Schüler im Freistaat.

 

 

Aufklären, informieren, für mehr kommunalpolitisches Engagement und Respekt vorm kommunalen Ehrenamt werben

Gemeinsam mit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit ist eine Aufklärungs- und Informationskampagne zum Wert des kommunalpolitischen Engagements durchzuführen. Die Kampagne soll dazu motivieren, in der Kommunalpolitik aktiv zu werden. Es soll Wissen über das Funktionieren von Kommunalpolitik vermittelt werden. Die Kampagne soll auch Anstand und Respekt im Umgang und mehr Anerkennung für die ehrenamtliche kommunalpolitische Betätigung fördern. Die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit soll dazu auch den stärkeren Austausch mit anderen Landeszentralen und der Bundeszentrale für politische Bildung suchen.

 

Zusätzlich zu diesen Punkten werden wir weiterhin vorantreiben:

  • Hate-Speech und Hetze im Netz bekämpfen: Hass und Hetze müssen endlich aufhören. Wir fordern, dass ‚Hate-Speech‘-Delikte auch online angezeigt werden können, eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft ‚Hate-Speech und digitale Gewalt‘, eine zentrale Beratungsstelle und eine zentrale Meldestelle für Betroffene und die Verankerung des Themas als schulart- und fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziele in der Medienbildung. Dazu hatten wir bereits Anfang November 2019 unser Antragspaket ‚Hate-Speech stoppen‘.
  • Intensivierung des Kampfes gegen Rechtsextremismus und Reichsbürger: Wir fordern seit Jahrzehnten ein konsequentes und nachhaltiges Eintreten gegen Neonazis aber auch gegen eine antidemokratische Kultur, Rassismus und jede Form von Ungleichwertigkeitsvorstellung. Das Handlungskonzept der Staatsregierung gegen Rechtsextremismus in Bayern muss grundlegend überarbeitet und an die aktuellen Herausforderungen angepasst werden. Dazu haben wir bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode umfassende Reformvorschläge gemacht (Antragspaket zum Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus). Auch muss weiter konsequent gegen die „Reichsbürger“-Bewegung vorgegangen werden. Wir fordern deren konsequente Entwaffnung. Außerdem müssen Kommunalpolitikerinnen und -politiker sowie Mitarbeitende der Kommunalverwaltung für den Umgang mit Reichsbürgern besser geschult werden.