Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz 2019 in Bad Windsheim
Bayern lebt von der Vielfalt seiner Bewohner*innen. Unsere Gesellschaft ist heute vielfältiger und bunter denn je. Die unterschiedlichen Fähigkeiten, Kenntnisse und Interessen der Bayer*innen machen das Land attraktiv. Der gegenseitige Austausch ist lohnenswert und ermöglicht Fortschritt. Wir wollen, dass Bayern von den Potenzialen und Kompetenzen aller Menschen die hier leben profitiert.
Bündnis 90/Die Grünen begreifen die Vielfalt der Menschen als Chance und als Herausforderung zum Handeln. Das ist der Leitfaden unserer Politik. Damit Vielfalt Raum hat, kämpfen wir gegen Rassismus, strukturelle Diskriminierung sowie verdeckte und offene Benachteiligung im Rechtssystem sowie im Alltag.
In einer Demokratie muss die aktive, sichtbare und gleichberechtigte Teilhabe aller im Sinne einer inklusiven Gesellschaft möglich sein. Davon sind wir derzeit weit entfernt. Nur zu oft werden Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft und Nationalität, ihres Geschlechts oder ihrer Geschlechtsidentität, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religion und Weltanschauung, ihres Alters oder ihrer Behinderung diskriminiert und/oder ausgeschlossen.
Diskriminierungen und Ausschlussmechanismen abzubauen, ist eine der zentralen Aufgaben bündnisgrüner Politik. Wer aber die Gesellschaft ändern will, muss bei sich selbst beginnen. Als politische Partei tragen wir GRÜNEN eine besondere Verantwortung dafür, dass sich die Vielfalt unserer Gesellschaft in unseren politischen Prozessen und Strukturen selbst widerspiegelt. Es ist uns ein besonderes Anliegen, allen gleichermaßen eine politische Teilhabe und speziell die Mitwirkung an parteipolitischer Arbeit zu ermöglichen und Barrieren abzubauen.
Wir sollten uns auf den Weg machen, unsere Strukturen zu verbessern und durch verschiedene Maßnahmen dauerhaft pluraler und vielfältiger werden.
Dauerhafte Strukturen schaffen – die Anti-Diskriminierungsstelle
Grüne Mitglieder brauchen Anlaufstellen innerhalb der Partei, an denen sie eigene aber auch beobachtete Diskriminierungs- bzw. Rassismuserfahrungen thematisieren können und die ihren spezifischen Bedürfnissen gerecht wird.
Die Anti-Diskriminierungsstelle umfasst zwei ehrenamtlich aktive Personen (quotiert) die durch den Landesausschuss für jeweils zwei Jahre gewählt werden. Die Anti-Diskriminierungsstelle soll Betroffenen die Möglichkeit bieten, Diskriminierungserfahrungen aufzuarbeiten sowie zukünftigen Diskriminierungen möglichst vorzubeugen.
Sie stellt mit Unterstützung der Landesgeschäftsstelle eine Erfassung von Diskriminierungen innerhalb der Partei sicher und ermöglicht somit die Erarbeitung von Gegenstrategien durch den Landesausschuss und den Landesvorstand. So soll ein Raum geschaffen werden, in dem Parteimitglieder geschützt persönliche, strukturelle oder institutionelle Diskriminierung im Rahmen des Parteiengagements ansprechen können. Die Antidiskriminierungsstelle unterrichtet den Landesvorstand regelmäßig vertraulich und auf Wunsch der Betroffenen anonymisiert über Diskriminierungsfälle und bringt Lösungsvorschläge mit ein.
Ihre Bekanntmachung erfolgt auf der Homepage, durch Ankündigungen im Newsletter und in den Gremien, durch eine eigene Email-Adresse und mögliche Sprechstunden. Um Schulungen und Weiterbildungen zu ermöglichen, stellt der Landesverband ab seinem nächsten Haushalt ein dafür vorgesehenes Budget ein.
Innerparteiliche Teilhabe
Damit die Partei insgesamt diverser wird und viele verschiedene gesellschaftlich Gruppen anspricht, ist es wichtig, dass Teilhabe möglichst unkompliziert und ohne große Hürden geschehen kann. Wir wollen daher auch zukünftig bei Landesparteitagen und Veranstaltungen garantieren, dass bei Bedarf Gebärdensprachdolmetschung gewährleistet und in barrierefreien Räumen getagt wird (siehe hierzu den Leitfaden barrierefrei: https://gruene-bayern.de/lag/inklusion/). Für uns ist entscheidend, dass Politik mit Familien- und Sozialleben vereinbar ist. Daher ist es wichtig, dass Kinderbetreuung angeboten wird, und dass Sitzungen und Versammlungen durch klare Anfangs- und Endzeiten begrenzt werden. Dabei ist besonders auf die Bedürfnisse derer zu achten die durch ihr Alter, familiäre, soziale und ähnliche Verpflichtungen zeitlich eingeschränkt sind. Auch die Erfahrung, dass die eigene Stimme zählt, ist von großer Bedeutung. Gerade eine Landes- oder Kreismitgliederversammlung, bei der alle – unabhängig von Pass und Alter – mitstimmen dürfen, ist dabei eine entscheidende Größe.
Auf Landesebene werden wir dafür Sorge tragen, dass die Einladungen besser verständlich werden. Parteiveranstaltungen sind nach Möglichkeit an Örtlichkeiten abzuhalten, die mit dem ÖPNV erreicht werden können. Sollte es Gründe geben Parteiveranstaltungen an Örtlichkeiten abzuhalten, die mit dem ÖPNV nicht oder nur in unzumutbarer Weise erreicht werden können, soll ein Abholservice vom nächstgelegenem Bahnhof / der nächstgelegen Linienbushaltestelle seitens der für die Veranstaltung verantwortlichen Gliederung angeboten werden.
In der alltäglichen Parteiarbeit anzukommen, ist für viele oft schwer und voller gläserner Decken. Diese zu durchstoßen muss unser aller Ansporn sein. Oft sind gerade Maßnahmen wie eine aktive Neumitglieder-Arbeit, pro-aktive und freundliche Ansprache oder Erstredner*innenquoten sehr probate Mittel, um Menschen aktiv zur Mitarbeit zu motivieren.
Diversity-Trainings
Um die Partei noch stärker für das Thema Diversity zu sensibilisieren und für den Umgang damit zu befähigen, ist es wichtig, regelmäßige Fortbildungen in Kooperation mit internen und externen Expert*innen anzubieten. Der Fokus soll zunächst auf Diversity-Trainings mit Schwerpunkt Antirassismus und Empowerment, je nach Zielgruppe liegen. Dadurch sollen Vorstände und andere Funktionsträger*innen in einem ersten Schritt insbesondere für Formen und Wirkungsweisen rassistischer Diskriminierung sensibilisiert und befähigt werden, damit kompetent, reflektiert, (selbst)kritisch und verantwortungsvoll umzugehen. Gerade für die Diversity-Beauftragten ist die Teilnahme elementar. Diversity-Trainings sollen zudem zielgerichtet unterstützen und ermutigen die Repräsentanz zu erhöhen.
Darüber hinaus ist es auf Dauer wünschenswert, selbst Trainer*innen durch sogenannte „Train the Trainer“-Programme auszubilden, die ihr Wissen im Anschluss weitergeben können. Ziel ist es, die Mitglieder so auszubilden, dass sie ihr Wissen und ihre Erfahrung in den Bezirken und den Landesarbeitsgemeinschaften weitergeben können und damit in die Breite der gesamten Partei hineinwirken. Eine Zusammenarbeit hierzu mit der Petra Kelly Stiftung, GRiBS, der LAG Frauen- und Gleichstellungspolitik, der LAG Integration-Flucht-Migration, der LAG Queer.Grün.Bayern. und der LAG
Inklusion und Behindertenpolitik ist wünschenswert.
Leitfaden für diskriminierungsfreie Sprache
Wir erkennen an, dass Diskriminierung nicht zuletzt über Sprache ausgeübt wird und eine verletzende Wirkung haben kann. Als Partei wollen wir deshalb noch stärker auf eine diskriminierungsfreie Sprache achten: auf allen Ebenen und in allen Gliederungen und in der Arbeit nach außen. Dazu wird der Landesvorstand einen Leitfaden „Diskriminierungsfreie Sprache“ erarbeiten. Dieser soll in einer möglichst verständlichen Sprache formuliert werden. Der Leitfaden soll allen Gliederungen und Funktionsträger*innen, allen Mitgliedern sowie allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen im Landesverband zur Verfügung gestellt sowie für Diversity- Fortbildungen verwendet werden
Repräsentanz erhöhen
Bündnis 90/Die Grünen wollen, dass Menschen, die aufgrund ihrer ethnischen Herkunft und Nationalität, ihres Geschlechts oder Geschlechtsidentität, ihrer sexuellen Orientierung und Identität, ihrer Religion und Weltanschauung, ihres Alters oder ihrer Behinderung in unserer Gesellschaft oft diskriminiert werden, in unserer Partei ihrem gesellschaftlichen Anteil entsprechend repräsentiert sind. Deshalb arbeiten wir darauf hin, ihre Anzahl bayernweit in allen Gliederungen der Partei, auf lokaler Ebene, dem Landesvorstand, dem Parteirat und unter den grünen Abgeordneten im Bundestag, im Landtag und in den Kommunalparlamenten zu erhöhen und somit ihre Repräsentation innerhalb der Parteistrukturen auf allen Ebenen zu verbessern.
Der Landesvorstand verpflichtet sich, gemeinsam mit den Antidiskriminierungsbeauftragten alle zwei Jahre einen Bericht zur Entwicklung der innerparteilichen Teilhabe abzugeben. Dieser soll parteiöffentlich vorgelegt und im Landesausschuss diskutiert werden.
Diversity: Vielfältigkeit der Menschen unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft und Nationalität, ihres Geschlechts oder ihrer Geschlechtsidentität, ihrer sexuellen Orientierung , ihrer Religion und Weltanschauung, ihres Alters oder ihrer Behinderung.
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