Ist Nachhaltigkeit nur etwas für gute Zeiten? Und gerät in Krisensituationen in den Hintergrund? Oder ist sogar das Gegenteil der Fall? Beim Outdoor-Hersteller VAUDE wurde nach sechs Monaten Corona-Zeit Zwischenbilanz gezogen. Ein Gastbeitrag von Dr. Antje von Dewitz und Stephanie Herrling.
Corona hat auch VAUDE in die tiefste Krise seit Firmenbestehen versetzt. Von einem Tag auf den anderen brachen die Umsätze durch die Ladenschließungen und Ausgangssperren nahezu auf Null ein. In einem aus damaliger Sicht sehr optimistischen Krisenszenario gingen wir davon aus, dass wir etwa 10 % unter unserem Vorjahresumsatz bleiben würden. Heute haben wir nicht nur dieses Szenario, sondern auch unser Vorjahr bereits umsatzmäßig überholt und schneiden damit im Vergleich zu anderen Marken der Outdoor- und Textilbranche hervorragend ab.
Woran liegt das? Zu einem wesentlichen Teil daran, dass wir Experten für nachhaltiges Wirtschaften sind: Wir sind geübt darin, in guten, verlässlichen Partnerschaften differenzierte Lösungen für komplexe Herausforderungen zu erarbeiten. Statt also auf die Ladenschließungen mit Stornierungen der Ware zu reagieren und damit das Überleben der asiatischen Produktionsbetriebe zu gefährden, sind wir sowohl mit unseren Lieferanten als auch mit unseren Fachhändlern in den Dialog getreten, um für beide Seiten gute Lösungen zu finden. Bei Abflauen der Krise hatten wir dadurch keine wesentlichen Lieferschwierigkeiten und konnten schnell und bedarfsorientiert ausliefern.
Unsere für nachhaltiges Wirtschaften essenzielle Firmenkultur, die auf einer starken Gemeinschaft, gegenseitigem Vertrauen und Augenhöhe basiert, hat uns auch intern bei der Krisenbewältigung geholfen: Seit vielen Jahren schon haben wir die technischen und kulturellen Voraussetzungen dafür geschaffen, mobiles Arbeiten zu ermöglichen, um damit die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu unterstützen. Von einem Tag auf den anderen konnten daher über 200 Mitarbeitende ohne Effizienzverluste aus dem Homeoffice weiterarbeiten und sogar unser Megaprojekt, die Umstellung unserer Betriebssoftware, bis heute ungehindert weiter vorantreiben. Transparenz und gute Kommunikation ist ebenfalls eine Selbstverständlichkeit für nachhaltiges Wirtschaften. Entsprechend tagt eine aus Geschäftsleitung und Mitarbeitervertretung besetzte Corona-Taskforce regelmäßig und kommuniziert den Stand der Dinge per Videoblog an alle Mitarbeitenden. Das hat viel dazu beigetragen, den Zusammenhalt zu stärken, zuversichtlich und leistungsstark zu bleiben.
Zu guter Letzt beobachten wir, dass die Pandemie viele längst vorhandene, globale Probleme wie durch ein Brennglas stärker sichtbar macht und dazu beiträgt, dass viele Menschen ihr Verhalten hinterfragen und mit gutem Gewissen konsumieren möchten. Unternehmen, die nicht nachhaltig wirtschaften, geraten zunehmend in die Kritik, vertrauenswürdige Marken und ökologisch und fair hergestellte Produkte erhalten dagegen durch die Krise weiter an Rückenwind.
Unser Fazit: Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet zukunftsorientiertes Wirtschaften und bewährt sich gerade in Krisenzeiten! Statt Unternehmen vor vermeintlich überfordernden Erwartungen zu schützen, sollte die Politik geplante Maßnahmen wie den Green Deal oder das Lieferkettengesetz konsequent weiterverfolgen und Unternehmen nicht nur zum Wohle des Planeten und der Gesellschaft, sondern auch um ihrer eigenen Zukunftsfähigkeit wegen in der Veränderung hin zu nachhaltigeren Wirtschaftsweisen unterstützen
Dieser Beitrag erschien erstmals in der September-Ausgabe 2020 unseres Mitgliedermagazins. Hier kannst du alle Ausgaben herunterladen.
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