Umwelt

Lehren aus der Flutkatastrophe 2016

Am 31. Mai diesen Jahres wurden viele Teile Deutschlands von heftigem Starkregen getroffen. Der Bezirk Niederbayern, speziell der Landkreis Rottal-Inn, wurde in der Folge von einer verheerenden Flutkatastrophe heimgesucht. In Simbach am Inn, Triftern oder Anzenkirchen kämpften Anwohner*innen und Helfer*innen tagelang gegen die Schlammmassen, 150 Menschen mussten aus lebensbedrohlichen Situationen gerettet werden, sieben Menschen starben!

Auch mehr als vier Monate nach dem Hochwasser sind die angerichteten Schäden von über 1 Milliarde Euro noch weithin sichtbar.

Alle fünf Jahre ein tausendjähriges Hochwasser?

Wie bei jedem anderen Hochwasser sind die Ursachen auch für die Flutkatastrophe in Niederbayern vom Juni 2016 sehr vielschichtig. Auf der einen Seite gibt es die natürlichen Ursachen, zu denen kurzzeitige oder lang andauernde Starkniederschläge zählen, auf der anderen Seite steht die Veränderung im Einzugsgebiet durch Menschen gemachte Eingriffe. Gewässerreinigung, Eindeichungen, Flussbegradigungen, Änderung der Flächennutzung und der Verbau kleinerer Flüsse und Bäche. Dieser bis heute ungezügelte Flächenverbrauch, einhergehend mit Flächenversiegelung hat laut dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW, 2003) die Wahrscheinlichkeit eines Hochwassers nach starken Niederschlagsereignissen deutlich erhöht, da das Wasserrückhaltevermögen der Landschaft zunehmend reduziert worden ist.Eine der Ursachen für vermindertes Wasserrückhaltevermögen speziell im betroffenen Gebiet in Niederbayern ist auch der überdurchschnittliche Anteil des Maisanbaus in der Landwirtschaft.

Ein Landkreis: 25.000 Hektar Maisanbau!

Vor allem das Hügelland zwischen Rott und Inn wurde in den letzten Jahrzehnten verstärkt zum Maisanbau genutzt. Mit 25.000 Hektar Anbaufläche ist der Landkreis Rottal-Inn einer der Schwerpunkte des Maisanbaus in Bayern. Je stärker sich der Maisanbau aber ausbreitet, umso schwächer wird die Rückhaltewirkung der Böden. Anfang Juni waren die Maispflanzen noch sehr klein  und verstärkten so noch alle negativen Bodeneffekte. Hinzu kommt, dass viele Maisfelder speziell in Niederbayern an Hängen liegen. Gerade dadurch kommt es bei Starkregenereignissen zu extremen Abflüssen.

Um den Schäden aus den immer häufiger auftretenden Starkregenereignissen begegnen zu können, muss ein Richtungswechsel im Sinne kontinuierlicher Veränderungen stattfinden. Die Faktoren für eine Hochwasserentstehung müssen minimiert werden. Auch in Zukunft wird es aufgrund der weltweiten Klimaänderung zu einer Erhöhung von extremen Niederschlagsereignissen kommen, deshalb ist ein verstärkter Handlungsdruck bezüglich des Hochwasserrisikos nötig. Die Hochwasserkatastrophe in Niederbayern muss als Kombination aus Extremereignissen mit anthropogenen Eingriffen in das Flusssystem sowie Defiziten des vorsorgenden Hochwassermanagements gesehen werden. Die daraus zu ziehenden Lehren gelten natürlich für ganz Bayern.

Bayerische Grüne setzen sich für folgende Punkte ein:

  • Den Flächenverbrauch und -versiegelung eindämmen, Flächenentsiegelung vorantreiben! Die Bezirksregierungen sollen restriktiver als bisher den Ausweisungen von Baugebieten in Hochwassergebieten durch die Kommunen
  • Effektive Frühwarnsysteme stärken: Alle Landkreise und Kommunen sollen verpflichtend an die bestehenden Katastrophenwarnsysteme (z.B. KATWARN) angeschlossen werden.
  • Dem Personalabbau bei den Wasserwirtschaftsämtern entgegenwirken und eine „Task Force Hochwasser“ installieren: Seit dem Jahr 2004 sind in den bayerischen Wasserwirtschaftsämtern rund 600 Stellen abgebaut worden. Nach den bisherigen Plänen der Staatsregierung wird es in Summe bis zum Jahr 2025 zu einem Abbau von insgesamt rund 1000 Stellen kommen. Diese Fachkräfte werden aber bitter benötigt, um gerade im akuten Hochwasserfall schnell und kompetent vor Ort in den Landratsämtern helfen zu können.
  • Stellen für Hochwasserprävention ausbauen, um nachhaltige und sinnvolle Konzepte für betroffene Bezirke zu erarbeiten. Dabei möchten wir nicht nur auf akute Schritte vor Ort setzen, die das Ausmaß der Katastrophe verringern, sondern Hochwasser dort bekämpfen, wo es entsteht. Das beginnt im Gebirge beim Schutz des Bergwalds und reicht bis zur Renaturierung von Mooren und zum Kampf gegen den Flächenfraß.
  • Ehrenamtliche Gewässerwächter: Es soll geprüft werden, ehrenamtliche Gewässerwächter (nach dem Vorbild der Feldgeschworenen) in ganz Bayern zu
  • Eine Vereinfachung in der Änderung der Gewässerklassen: Gewässer dritter Ordnung müssen schneller hochgestuft werden können, damit der Hochwasserschutz nicht von der kurzfristigen Kooperationsfähigkeit zweier Kommunen abhängig ist. Gerade die vermeintlich kleinen Bäche verwandeln sich in den Hochwassergebieten in verheerende Ströme.
  • Unterstützung der Landwirtschaft: Der Landwirtschaft kommt in großen Teilen Bayerns eine Schlüsselrolle zu. Förderanreize beim Ackerbau sollen auf den Erhalt des Bodens als Wasserspeicher abzielen. Die humusschonende technische Bearbeitung sowie der Verzicht auf großflächige Monokulturen sind wichtig, um die natürliche Speicherkapazität des Bodens zu erhalten. Landwirtschaftliche Förderprogramme müssen darauf geprüft werden, ob sie dem Einsickern der Niederschläge in den Boden dienen und somit den Oberflächenabfluss reduzieren.
  • Durch Anreizmechanismen wie Förderung für extensivere landwirtschaftliche Nutzungskonzepte, Maßnahmen zur Entsiegelung von Flächen, dezentrale Regenwasserbewirtschaftung in Siedlungsgebieten und die Förderung der natürlichen Gewässerentwicklung, z.B. Flussrenaturierung, Deichrückverlegung und Auenvernetzung, soll versucht werden, den natürlichen Rückhalt wieder zu erhöhen.
  • Langfristig muss natürlich die Ursache dieser Starkregenereignisse benannt und bekämpft werden: der menschengemachte Klimawandel. Wir setzen uns dafür ein, die erarbeiteten Ziele der Klimakonferenz endlich in Nationales Recht zu gießen und umzusetzen.

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