Beschluss vom Digitalen Parteitag am 17.7.2021
Die Corona-Krise macht die Bruchstellen in unserer Gesellschaft sichtbar. Wir brauchen ein gerechteres Miteinander und soziale Sicherheit für alle. Wir bayerische GRÜNE stärken den Menschen in Bayern den Rücken. Deshalb investieren wir in den sozialen Zusammenhalt – in der Corona-Krise und darüber hinaus.
Gerechtigkeit neu denken
Wir GRÜNE wollen Bayerns Natur erhalten, denn sie ist unser aller Lebensgrundlage. Und wir wollen ein Bayern, in dem für alle gut gesorgt ist und niemand zurückgelassen wird. Wirksamer Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören für uns untrennbar zusammen. Nur wenn CO2 einen realistischen Preis bekommt und Geringverdienende entlastet werden, können wir die soziale Schieflage beenden. Denn ein stabiles Klima ist die Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Menschen. Gleichzeitig bedeutet Gerechtigkeit für uns die finanzielle Absicherung der Menschen. Wir stehen für sozial gerechten Klimaschutz und wollen die Einnahmen aus dem CO2-Preis an die Bürger*innen zurückgeben: Als ein Energiegeld, das alle erhalten. Wir wollen den Strompreis senken und reduzieren die EEG-Umlage. Geringverdienende und Familien werden damit besonders entlastet. Das Energiegeld soll nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden: So entlasten wir auch jene, die Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe erhalten.
Gerechtigkeit heißt, dass alle Menschen ein Leben lang in sozialer Sicherheit leben können. Wir brauchen ein Netz, das trägt:
Wir führen die Kindergrundsicherung ein, die Familien das Leben leichter macht und allen Kindern das garantiert, was sie zum Leben brauchen – ohne komplizierte Antragsverfahren. Mehrbedarfe und Einmalbedarfe, wie Kosten einer Klassenfahrt, sollen direkt ausgezahlt werden können. Hartz IV entwickeln wir zu einer Garantiesicherung ohne Sanktionen weiter. Wir brauchen ein Sicherungssystem, das armutsfest ist und Teilhabe sichert. So stärken wir Menschen in Zeiten des Wandels und schaffen Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben. Dazu ist der Regelsatz endlich sachgerecht zu ermitteln, denn zu einem würdevollen Leben sind auch Malstifte für Kinder wichtig. Die Vermögensprüfung ersetzen wir durch eine rechtsverbindliche Selbstauskunft und verbessern Hinzuverdienstmöglichkeiten. Staatliche Leistungen sollen für jede Person individuell und ohne Stigma vergeben werden. Unser Ziel ist daher das Konzept der Bedarfsgemeinschaft zu überwinden. In einem ersten Schritt darf bei nicht-verheirateten Paaren das Einkommen der Partnerin oder des Partners keine Rolle für die Höhe der eigenen Geldleistungen spielen. Es braucht eine nachhaltige Strukturreform bei der Altersvorsorge, die Altersarmut konsequent verhindert. Dafür bauen wir die Rentenversicherung zur Bürgerversicherung um und erkennen mit der grünen Garantierente Lebensleistungen besser an. Auch die jüngeren Generationen brauchen eine Altersversorgung, auf die Verlass ist. Wir setzen uns auch für einen neuen und gerechten Generationenvertrag ein. Gleichberechtigte Lebensentwürfe dürfen nicht länger benachteiligt werden. Das muss sich auch im Steuerrecht ausdrücken. Dafür soll das Faktorverfahren, das die Vorteile des Ehegattensplittings auf beide Arbeitslöhne verteilt, zur Regel und die Steuerklasse V für Zuverdiener*innen abgeschafft werden. Paare, die bereits verheiratet sind, sollen sich entscheiden können, ob sie sich einzeln veranlagen oder das Ehegattensplitting weiterhin nutzen wollen. Für neue Ehen wollen wir eine Individualbesteuerung, um mit einem eigenständigen, ausreichenden Rentenanspruch die – überwiegend weibliche – Altersarmut merklich zu reduzieren.
Gute Bildung
Bildungs-, Weiterbildungs- und Kulturangebote sind gleichermaßen Teilhabe, soziale Absicherung, Integration von Benachteiligten und Sicherung unserer Demokratie. Die dafür nötige Infrastruktur zu stärken und auszubauen ist für uns eine Überlebensaufgabe.
Wir GRÜNE wollen eine Schule, die den Kindern Mut macht statt Druck. Wir wollen jedem einzelnen Kind gerecht werden und es nach seinen individuellen Talenten fördern. Jugendliche sollen sich zu starken Persönlichkeiten mit guter Urteilsfähigkeit entwickeln, damit sie offline wie online Verantwortung für sich, für die Gesellschaft und unsere Umwelt übernehmen können. Daher: Wir investieren in unsere Schulen – für mehr Lehrkräfte, für kleinere Klassen, für Schulsozialarbeit an allen Schulen, mehr Schulpsycholog*innen, endlich eine zeitgemäße digitale Ausstattung, echte Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe und für moderne Schulgebäude. Nur damit können wir zeitgemäße Lernkonzepte umsetzen. In den Lehrplänen stärken wir politische Bildung und Medienkompetenz. Schulbücher müssen endlich die gesellschaftliche Vielfalt widerspiegeln. Schüler*innen sollen ihren Unterricht und ihre Schule stärker mitbestimmen und -gestalten können. Der Rechtsanspruch auf Ganztag in der Grundschule muss mit einem hochwertigen Angebot zügig umgesetzt werden. Unser Ziel ist der flächendeckende Ausbau echter, gebundener Ganztagsschulen, bei denen sich Lern- und Erholungsphasen über den Tag verteilen. Kleine Schulen auf dem Land wollen wir erhalten. Deshalb sollen Kommunen die Möglichkeit bekommen, vor Ort in Absprache mit der Schulfamilie Gemeinschaftsschulen einzurichten, an denen die Kinder länger gemeinsam lernen. Die Lehrkräfteausbildung wollen wir durch mehr Flexibilität und frühere Praxiserfahrungen verbessern, um die Zahl der Studienabbrecher*innen zu verringern.
Wir GRÜNE sehen die berufliche duale Ausbildung als wichtigen Erfolgsfaktor im deutschen Bildungswesen an. Wir wollen die berufliche Orientierung und Beratung bei der Wahl eines Ausbildungsberufes in allen Schularten ausbauen. Dabei wollen wir ganz selbstverständlich auch Mädchen über technische Berufe und Jungen über soziale Berufe informieren. Die Ungleichheiten zwischen vermeintlichen Frauen- und Männerberufen wollen wir abschaffen. Damit mehr Jugendliche ihre Ausbildung erfolgreich abschließen, wollen wir für sie und ihre Betriebe bessere Unterstützungsangebote schaffen und Berufseinstiegsbegleitung sowie Mentoringprogramme stärken. Wir setzen uns ein für eine Stärkung und bessere gesellschaftliche Anerkennung der dualen Ausbildung.
Der Weiterbildungsbedarf in unserer Gesellschaft wird immer größer. „Ausgelernt“ gibt es nicht mehr. Auch für die Erwachsenen gilt: Alle haben ein Recht auf Bildung. Wir treten daher für einen individuellen Rechtsanspruch auf Weiterbildung ein. Die Erwachsenenbildung muss massiv gestärkt und insbesondere die soziale Teilhabe beachtet werden. Deshalb wollen wir auf Landesebene die Bildungschancen von Erwachsenen durch ein Bildungsfreistellungsgesetz verbessern. Wir fordern ein Recht auf Bildungsurlaub und eine wesentlich bessere Förderung der Angebote der Erwachsenenbildung. Hürden bei Bildungsübergängen, wie zwischen Kita, Schule, Hochschule oder Beruf, bauen wir ab. Für arbeitsmarktbedingte Weiterbildungen schaffen wir ein auskömmliches Weiterbildungsgeld sowie ein Weiterbildungs-BAföG für diejenigen, die sich beruflich weiterentwickeln oder umorientieren wollen. Viele Menschen möchten aber auch ihre aktuelle Arbeitsstelle behalten und sich gleichzeitig weiterqualifizieren. Damit sie das können, führen wir einen Freistellungsanspruch ein sowie ein Rückkehrrecht auf den vorherigen Stundenumfang. Gebündelte Beratung und Unterstützung sollen Menschen mit Weiterbildungswunsch künftig in regionalen Bildungsagenturen erhalten, sowie über eine zentrale, öffentlich-finanzierte Online-Plattform.
Familien- und Berufsleben im Einklang
Um Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, braucht es bessere staatliche Rahmenbedingungen. Insbesondere junge Familien und Alleinerziehende müssen derzeit mit mehr Bällen jonglieren, als sie Hände dafür haben. Wir müssen aktuelle Unterstützungsmaßnahmen ausweiten und flexibler machen, damit Mütter und Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen können. Frauen übernehmen immer noch den Großteil der Kindererziehung und verzichten dabei zu ihrem Nachteil auf eigenes Einkommen und Rentenansprüche. Daher wollen wir flexiblere Arbeitszeiten und neue, modernere Arbeitszeitmodelle. Nur so werden wir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Neben einer neuen Arbeitszeitkultur und mehr Zeitsouveränität wollen wir mit der grünen KinderZeit Plus Eltern gezielt und flexibel unterstützen. Das bestehende Elterngeld, das Eltern im ersten Lebensjahr ihres Kindes unterstützt, wollen wir weiterentwickeln. Jedes Elternteil soll in Zukunft acht Monate Unterstützung erhalten – weitere acht Monate sollen die Eltern frei untereinander aufteilen können. Alleinerziehenden stehen die 24 Monate selbstverständlich auch zur Verfügung. Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessern wir mit einer neuen Lohnersatzleistung: PflegeZeit Plus. Sie ermöglicht eine bis zu dreimonatige Freistellung vom Job für Menschen, die Verantwortung für pflegebedürftige Menschen in der Familie oder im nahen sozialen Umfeld übernehmen. Darüber hinaus federt sie Arbeitszeitreduzierungen für die Dauer bis zu drei Jahren ab.
Ein zentrales Anliegen ist uns der Ausbau der Kitas und Kindergärten in Bayern und der Fokus auf die Qualität. Mit einem Förderprogramm wollen wir ein flächendeckendes Angebot mit bedarfsgerechten Öffnungszeiten schaffen. Auch wer im Schichtdienst arbeitet, soll sein Kind gut betreut wissen. Kinder mit besonderem Förderbedarf sollen selbstverständlich die Möglichkeit haben, in der Krippe oder Kita ihrer Wahl aufgenommen zu werden – nicht das Kind muss zur Kita passen, sondern die Kita zum Kind. Die Arbeitsbedingungen und Bezahlung der Erzieher*innen wollen wir verbessern. Und wir starten eine Ausbildungsoffensive, damit sich künftige Erzieher*innen noch besser auf ihren Beruf vorbereiten können. Die vergütete Ausbildung machen wir zur Regel.
Zudem setzen wir uns dafür ein, dass Unternehmen mehr Rücksicht auf Mütter und Väter nehmen. Wir schaffen verbindliche Kriterien für die Zertifizierung von familienfreundlichen Unternehmen über den „Familienpakt Bayern“ hinaus. Mit dieser neuen Vergleichbarkeit schaffen wir Anreize, dass mehr Betriebe teilnehmen und haben zum Ziel, dass alle bayerischen Unternehmen bis 2035 tatsächlich familienfreundlich sind.
Gutes Wohnen
Bezahlbares Wohnen ist ein grundlegender Bestandteil für den sozialen Zusammenhalt. Die Wohnungsfrage ist eine der drängendsten Gerechtigkeitsfragen unserer Zeit. Jeder Mensch hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung – der Staat kommt hier seiner verfassungsmäßigen Verpflichtung aber nicht genug nach. Gerade weil das Dach über dem Kopf ein knappes und wertvolles Gut ist, dürfen wir es nicht allein den Kräften des Marktes überlassen. Die Politik muss regelnd eingreifen. Wir wollen den sozialen Wohnungsbau stärken und jährlich 10.000 öffentlich geförderte Mietwohnungen schaffen. Damit diese langfristig erhalten bleiben, wollen wir die Bindungsfrist verbindlich auf 40 Jahre verlängern. Außerdem wollen wir es Kommunen ermöglichen, bestehende Wohnungen als Sozialwohnungen zu nutzen durch den Erwerb von Belegungsrechten im Wohnungsbestand. Wir unterstützen gemeinschaftliche, experimentelle und genossenschaftliche Wohnformen. Auch die Umgebung einer Wohnung – das Quartier – trägt dazu bei, dass Menschen sich wohlfühlen, dass sie gut und gesund leben können. Wir fördern deswegen nicht nur Sozialwohnungen, sondern auch Bewohner*innentreffs, Quartiersplätze und Gemeinschaftsgärten im Quartier. Damit auch ältere Menschen selbstbestimmt leben können, braucht es mehr altersgerechten und barrierefreien Wohnraum. Wir wollen Wohnungen und Quartiere so gestalten, dass alle Menschen möglichst selbständig und unabhängig leben können. Die stärksten Kostentreiber beim Wohnen sind Grundstücks- und Baulandpreise. Spekulationen mit Grund und Boden wollen wir eindämmen und Wohnungspolitik stärker am Gemeinwohl ausrichten. Wir unterstützen die kommunale Bodenbevorratung und die Einrichtung von Bodenfonds und ermöglichen es den Kommunen, im Bebauungsplan einen Mindestanteil von Sozialwohnungen vorzusehen. Städten und Gemeinden geben wir mit der Möglichkeit zur Einführung einer Grundsteuer C als Lenkungssteuer auf unbebautes Bauland ein wirksames Instrument gegen Bodenspekulation an die Hand, wie es auch alle anderen Bundesländer machen werden. Mietwucher und Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt unterbinden wir und verbessern so die prekäre Wohnsituation bedürftiger Menschen. Wir werden uns für ein sozialeres Mietrecht einsetzen, das die Interessen der Mieter*innen endlich ebenso berücksichtigt wie die der Vermieter*innen. Wir wollen Mietobergrenzen im Bestand ermöglichen, Mieterhöhungen begrenzen, die Mietpreisbremse entfristen und schärfen. Wir nutzen die rechtlichen Möglichkeiten im Freistaat, um Mieter*innen besser vor Verdrängung zu schützen. Um die Ausgrenzung auf dem Wohnungsmarkt zu beenden, starten wir ein Aktionsprogramm das Wohnungs- und Obdachlose bei der Wohnungssuche unterstützt.
Zu gutem Wohnen gehört aber auch der Klimaschutz: Wir investieren in eine moderne, klimafreundliche Wärmeversorgung. Dabei muss es sozial gerecht zugehen. Wir fordern einen Aktionsplan Faire Wärme. Mieter*innen schützen wir, indem wir die Kosten für energetische Sanierung fair zwischen Staat, Eigentümer*innen und Haushalten aufteilen. Eigentümer*innen von Ein- und Zweifamilienhäusern unterstützen wir mit kostenloser Beratung und attraktiver Förderung.
Gute Arbeit
Die soziale Mindestabsicherung ist ein hohes Gut, die noch mehr Menschen erreichen muss. Dazu gehört ein armutsfester Mindestlohn. Wenn Arbeit in Vollzeit nicht ausreicht, um ein gutes und selbstbestimmtes Leben zu führen, dann läuft etwas falsch. Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können – nicht nur überleben. Und das nicht nur während ihrer Berufstätigkeit, sondern auch danach in der Rente. Und es reicht nicht, wenn der armutsfeste Mindestlohn auf dem Papier besteht – er muss auch durchgesetzt werden und in den Geldbeuteln der Beschäftigten landen. Wir setzen uns für mehr Kontrollen und mehr Personal dafür ein. Mit einem bayerischen Vergabegesetz soll der Freistaat als Beispiel vorangehen: Er muss in Zukunft darauf achten, dass bei allen öffentlichen Aufträgen gleiche Bezahlung für alle Geschlechter, Tarifverträge, Mindestlohn und ökologische Standards eingehalten werden.
Frauen verdienen immer noch weniger als Männer. Wir schließen den Gender-Pay Gap und sichern gleiche Bezahlung von Frauen und Männern. Wir führen ein effektives Entgeltgleichheitsgesetz ein, das auch für kleine Betriebe gilt und die Unternehmen verpflichtet, von sich aus über die Lohnstruktur und über ihre Maßnahmen für Entgeltgleichheit zu berichten. Wir werten die sozialen Dienstleistungsberufe auf.
Für einem zukunftsfesten Arbeitsmarkt braucht es auch erfolgreiche Berufsausbildungen. Eine Ausbildung ist für viele der erste Schritt in die Berufswelt und damit in ein selbstbestimmtes Leben. Alle bayerischen Jugendlichen, die möchten, sollen direkt nach der Schule eine Berufsausbildung beginnen können. Deshalb setzen wir uns für eine Ausbildungsgarantie ein. Zu viele Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt und trotzdem gibt es noch immer Jugendliche, die leer ausgehen. Wir wollen mit der Garantie ein effizientes und zielführendes Beratungsangebot schaffen, das allen Jugendlichen Betriebe mit offenen Lehrstellen oder, sollte dies nicht gelingen, auf Wunsch eine betriebsnahe Ausbildung vermittelt. Auch junge Erwachsene in besonderen Lebenslagen sollen erfolgreich ins Berufsleben starten können. Deshalb setzen wir uns für den Ausbau von Teilzeitausbildungen ein. Damit wollen wir es insbesondere Alleinerziehenden, junge Familien mit Kindern und pflegenden Angehörigen ermöglichen, einen Beruf zu erlernen.
Manchen Menschen fällt es trotz guter Konjunkturlage schwer, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, nachdem sie ihren Job verloren haben. Sie wollen wir mit einem Landesprogramm nach dem Vorbild Baden-Württembergs gezielt unterstützen. Dafür errichten wir Beratungszentren für Arbeitssuchende und ein Programm, um Langzeitarbeitslose besonders zu unterstützen und wieder auf die Berufswelt vorzubereiten.
Wir wollen, dass Tarifverträge und starke Mitbestimmung für deutlich mehr Beschäftigte und Betriebe gelten. Außerdem wollen wir es leichter machen, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären, damit sie für die gesamte Branche gelten. Betriebsrät*innen wollen wir besser schützen. Wer einen Betriebsrat gründen will braucht Kündigungsschutz. Wir bauen die Mitbestimmungsrechte aus und modernisieren sie – für mehr Einfluss in der Personalentwicklung, der Stärkung von Frauen und der Verbesserung der Klimabilanz im Unternehmen. So können die Beschäftigten den zukunftsorientierten Wandel der Arbeitswelt mitgestalten.
Zu einem modernen Arbeitsplatz gehört eine gute Internetanbindung. Gerade in ländlichen Gebieten lassen die bisherigen Bestrebungen der Staats- und Bundesregierung zu wünschen übrig. Ob Lehrer, Schreinerin oder Maschinenbaubetrieb: Sie alle brauchen schnelles Internet und flächendeckenden Mobilfunk, und zwar überall. Nur so bleibt der Standort Bayern wettbewerbsfähig und auch in Zukunft attraktiv. Wir fordern ein Pilotprojekt: Alle Haushalte und Betriebe in Pilotgemeinden sollen 500 Euro Unterstützung erhalten, wenn sie sich ans Glasfasernetz anschließen lassen.
Für Pendler*innen ist ein guter öffentlicher Nahverkehr essenziell, daher setzen wir uns für eine Mobilitätsgarantie ein: In allen Dörfern über 200 Einwohner*innen soll es mindestens jede Stunde eine Fahrmöglichkeit geben. Außerdem wollen wir Pendler*innen mit niedrigen Einkommen unterstützen, die auf das Auto angewiesen sind: Wir legen einen Fonds auf, der großzügige Zuschüsse beim Umstieg auf ein emissionsfreies Auto auszahlt.
Flächendeckend gute Gesundheitsversorgung und Pflege
Wir wollen gute gesundheitliche Versorgung sicherstellen: für alle Menschen, in jedem Alter, in Stadt und Land. Welche Angebote es vor Ort gibt, darf nicht nur davon abhängen, was sich rentiert, sondern soll sich danach richten, was nötig ist. Die Versorgung mit Haus- wie Fachärzt*innen muss bayernweit sichergestellt sein. Deshalb schaffen wir eine umfassende Versorgungsplanung, die die enge Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Akteuren im Gesundheitswesen endlich möglich macht und die Landkreise und Gemeinden in die Planung einbezieht. Ländliche Regionen können hier Vorreiter werden. Die flächendeckende, verlässliche Versorgung wollen wir durch die verantwortungsvolle Nutzung von Telemedizin ergänzen. Krankenpflegekräfte, Hebammen, Geburtshelfer und weitere nichtärztliche Berufe sollen mehr Kompetenzen erhalten. Für alle medizinischen Berufsgruppen wollen wir die Ausbildung auf hohem Niveau und Praxiserfahrungen in Ihren Heimatregionen ermöglichen. Die Bedarfsplanung für Haus- und Fachärztinnen muss auch die Alterszusammensetzung der Bevölkerung in einer Region und das Alter der Praxisinhaber*innen berücksichtigen, um absehbare Unterversorgung im Voraus abzuwenden. Wir schaffen mehr Plätze für ambulante Psychotherapien, indem mehr Psychotherapeut*innen eine Kassenzulassung erhalten. Ob Kinderintensivbett oder Geburtsstation, wohnortnahe klinische Versorgung darf nicht verloren gehen. Bayern braucht eine Krankenhausplanung, die verbindliche Vorgaben für die räumliche Abdeckung mit stationären Versorgungsangeboten unterschiedlicher Versorgungsstufen festlegt und durchsetzt. Der Bund soll dafür bundesweite Grundsätze der Krankenhausplanung definieren können. Darauf aufsetzend fordern wir ein neues Finanzierungssystem für Kliniken: Kliniken, die einen Grundversorgungsauftrag in der Fläche erfüllen oder personalintensive Medizin anbieten, wird mengenunabhängig finanziert. Die Leistungsabrechnung der Krankenhäuser muss darüber hinaus deutlich einfacher werden.
Um unsere Kliniken zu digitalisieren und energetisch zu modernisieren, heben wir die staatlichen Krankenhausinvestitionsmittel in den nächsten Jahren auf ein auskömmliches Niveau und verteilen sie nicht mit der Gießkanne, sondern anhand der verbindlichen Krankenhausplanung. Die Investitionskosten sollen Bund und Länder gemeinsam tragen.
Mit verbindlichen Pflegebedarfsplanungen in den Kreisen und Gemeinden schaffen wir flächendeckend ein ausreichendes Angebot an stationären Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten. Die Planung der pflegerischen Versorgung muss in eine kommunale Sozialraumplanung integriert sein. Pflegende Angehörige unterstützen wir außerdem mit Beratungsangeboten in Pflegestützpunkten in allen Landkreisen. Es braucht endlich eine solidarische und zukunftssichere Pflegeversicherung, die ein verlässliches Angebot für alle schafft. Wir fordern daher eine großangelegte Reform und eine doppelte Pflegegarantie: Zum einen soll der Eigenanteil künftig festgeschrieben und gedeckelt werden – damit wird die finanzielle Vorsorge für die selbst aufzubringenden Kosten verlässlich planbar. Zum anderen soll die Pflegeversicherung in Zukunft alle darüber hinaus gehenden Kosten für die bedarfsgerechte Versorgung übernehmen. Nur so erhalten alle Pflegebedürftigen die notwendigen Pflegeleistungen und die Unterversorgung, die insbesondere in der häuslichen Pflege vorkommen kann, hat ein Ende. Um den Pflegeberuf in Bayern attraktiver zu machen, setzen wir uns für mehr Personal durch ein bundesweit einheitliches Personalbemessungsinstrument ein. Bessere Bezahlung erreichen wir durch einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag. Bayern soll zukünftig nur noch mit jenen Pflegeeinrichtungen Verträge abschließen, die Tariflöhne bezahlen. Pfleger*innen brauchen eine starke Lobby, die ihre Interessen gegenüber Politik und anderen Akteur*innen vertritt. Deshalb kämpfen wir GRÜNE weiter für eine Pflegekammer in Bayern.
Zivilgesellschaft stärken
Ein starkes Miteinander funktioniert nur, wenn alle dabei seien und mitmachen können. Dazu weiten wir die schulische und außerschulische Demokratiebildung aus. Die vielen zivilgesellschaftlichen Akteure stärken wir mit einem Landesprogramm zur Stärkung der Zivilgesellschaft. Wir setzen uns zudem für ein Demokratiefördergesetz auf Bundesebene ein. Auf allen Ebenen engagieren sich Menschen ehrenamtlich für andere und für den guten Zweck. Wir wollen Ehrenamtliche stärker anerkennen und unterstützen. Wir fordern ausreichend Plätze für den Jugendfreiwilligendienst. Vereine, Initiativen und das Ehrenamt leisten großartige Arbeit für unsere Demokratie: im Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Muslimfeindlichkeit, Homo- und Transfeindlichkeit, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Mit einem Fördertopf für Demokratie wollen wir sie besonders unterstützen. Zum Mitmachen und Mitbestimmen gehört für uns GRÜNE auch die schrittweise Absenkung des Wahlalters in Bayern, im ersten Schritt auf 16 Jahre.
Auch in Bayern gibt es immer weniger öffentliche Orte, die von allen genutzt werden können. Orte, an denen man nichts kaufen muss und sich treffen, ratschen und erholen kann. Genau diese Orte braucht es als Begegnungsstätte. Hier treffen sich Menschen jeder Herkunft und aus allen sozialen Milieus. Wir wollen öffentliche Treffpunkte in Ortszentren erhalten und bayernweit in allen Gemeinden schaffen. Unsere Maxime in der Ortsentwicklung bleibt: Innen- vor Außenentwicklung. Kultur als Teil der Daseinsfürsorge stärkt sozialen Zusammenhalt, sie eröffnet Ausblicke wie Einblicke, Diskursräume und neue Perspektiven. Darum braucht es öffentliche Innen- und Außenräume, die alle neben einer künstlerischen auch zu einer sozio-kulturellen Nutzung einladen. An Orten des kulturellen Austauschs innerhalb der Kommunen kommen Menschen wieder zusammen und stärken Beziehungen zwischen Nachbargemeinden. Wir sprechen uns für Bürger*innen-Beteiligung in allen Gemeinden und eine Pflicht zur Jugendbeteiligung aus, damit Bürger*innen selbst mitgestalten können. Wir stehen für eine solide Finanzausstattung der Kommunen zur öffentlichen Daseinsvorsorge.
Bayern wird gleichberechtigt, inklusiv und vielfältig
Unser Leitbild ist das Grundgesetz. Die Achtung und Wahrung der Menschenwürde und der persönlichen Freiheiten, gleiche Rechte für alle Menschen – das ist unsere grüne DNA. Hass und Hetze setzen wir ein klares Nein entgegen. Der Schutz vor Diskriminierung ist eine zentrale Aufgabe des Staates. Wir wollen es allen Menschen ermöglichen, sich frei zu entfalten. Dazu müssen wir Diskriminierungen abbauen – mit einem Landesaktionsplan gegen Rassismus und einem Landesantidiskriminierungsgesetz. Eine Antidiskriminierungsstelle des Freistaats soll der zentrale Anlaufpunkt für alle Menschen werden, die von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit betroffenen sind. Sie entlastet die Beratungsstellen, die es in einigen größeren Kommunen bereits gibt, und schafft in vielen kleinen Kommunen zum ersten Mal ein Beratungsangebot gegen Antisemitismus, LGBTIQ*-Feindlichkeit und Rassismus. Wir Grüne gestalten Geflüchtetenpolitik in Bayern endlich menschlich. Wir fordern ein sofortiges bayerisches Aufnahmeprogramm für alleinlebende Frauen mit und ohne Kinder, für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und für Menschen mit Behinderung, die derzeit in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln leben.
Wir wollen in Bayern gleiche Chancen auch für Menschen mit Behinderung schaffen, so wie es die von Deutschland unterschriebene UN-Behindertenrechtskonvention fordert. Wir sorgen dafür, dass sie in allen Lebensphasen umfassend, zuverlässig und unbürokratisch unabhängige Beratung, Assistenz und Hilfsmittel erhalten. Wir fordern einen verbindlichen Aktionsplan Inklusion, dessen Umsetzung von einer unabhängigen Anlauf- und Monitoringstelle kontrolliert wird und für dessen Umsetzung Geld bereitgestellt wird.
Frauen müssen endlich die Hälfte von allem bekommen. Patriarchale gesellschaftliche Strukturen hindern Frauen immer noch daran, aufzusteigen, ob in Wirtschaft oder Politik. Hier müssen wir besser werden. Wir GRÜNE wollen Frauen endlich den Platz einräumen, der ihnen zusteht: Daher fordern wir für alle Parlamente ein Paritätsgesetz, das sicherstellt, dass Frauen mindestens die Hälfte der Sitze erhalten. Gewalt gegen Frauen nahm besonders in der Corona-Krise zu. Wir stärken den Schutz von Frauen vor Gewalt und schaffen endlich ausreichend Plätze in Frauenhäusern sowie ein ausreichendes Angebot in Beratungsstellen – telefonisch, digital und von Angesicht zu Angesicht. Wir fordern sofort 150 zusätzliche Frauenhausplätze sowie mittelfristig eine Erhöhung der Frauenhausplätze auf 1 Platz je 10000 Frauen zwischen 18 und 80 Jahren. Außerdem stärken wir die Datenerhebung und Forschung zu Gewalt gegen Frauen und die schulische und außerschulische Prävention von Gewalt gegen Frauen. Damit es in Bayern in Zukunft gerecht zugeht.
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