Irmi Sinnesbichler ist das 10.000ste Mitglied der bayerischen Grünen. Einen Tag lang begleitete sie im August 2018 das Spitzenduo Katharina Schulze und Ludwig Hartmann auf Wahlkampf-Tour. Dabei tauschte sie sich mit den beiden darüber aus, warum es so wichtig ist, sich politisch zu engagieren. Wir haben das Gespräch protokolliert.
Ludwig: Nochmal ganz herzlich willkommen bei uns GRÜNEN! Es freut mich, dass du zusammen mit uns für eine zukunftsfähige Politik einstehst. Was war denn der Auslöser für dich, Mitglied zu werden?
Irmi: Dieses Gefühl ist gewachsen. Grün habe ich schon lange gewählt, aber vor 2015 habe ich noch keine Notwendigkeit gesehen, mich aktiv in die Politik einzubringen. Als ich dann die Lage der Geflüchteten in den Medien gesehen habe, musste ich mich einfach engagieren: Erst habe ich in Riem Spenden sortiert, dann habe ich bei Flüchtlingskreisen mitgewirkt. Nach zwei Jahren wurde mir das aber zeitlich zu viel und ich wollte kürzertreten. Ich fand es auch okay und notwendig, mal wieder eine Weile aufzutanken. Was aber nicht okay war: Der Rechtsruck der CSU. Das war der letzte Auslöser, um bei den GRÜNEN einzutreten. Für mich heißt das: Ein Zeichen setzen und mich zu unseren Werten zu bekennen. Wie seid ihr beiden denn in die Politik und zu den GRÜNEN gekommen?
Katharina: Ich war schon immer ein politischer Mensch. Das ging schon los, als ich auf dem Christoph-Probst-Gymnasium in Gilching war. Christoph Probst war ein Mitglied der Weißen Rose – durch seinen Kampf gegen Rechtsruck, Rassismus und Rechtspopulismus wurde für mich klar: Ich muss dahin, wo ich mitdiskutieren kann. So ein bisschen, wie du Irmi es auch gesagt hast: „I have to stand up!“ Mein Motto ist: Du kriegst die Welt nicht besser gemeckert, du musst sie besser machen. Das mache ich bei den GRÜNEN!
Ludwig: Ich bin in einer grünen Familie aufgewachsen und habe als 7-jähriger Tschernobyl ganz stark miterlebt. Dadurch ist meine Familie politisch geworden. Als Jugendlicher habe ich mich für kommunalpolitische Themen interessiert, die damals für mich relevant waren: Wo dürfen wir Graffiti sprühen, Skateboard fahren, Feuerstellen bauen. Auf einer Jungbürgerversammlung habe ich für den Jugendrat kandidiert und habe dann gemerkt: Das ist genial – wenn man eine gute Idee hat, wird sie auch angenommen. Das hat mich wahnsinnig motiviert! Dann war ich drin in der Politik und habe zum Beispiel gegen die Abschiebung einer kurdischen Familie demonstriert und war 1997/98 in Gorleben dabei. 2002 hat es dann richtig angefangen, da bin ich als Stadtrat gewählt worden.
Irmi: Ihr seid ja mittlerweile öffentliche Personen. Müsst ihr mit Anfeindungen umgehen? Ich war ja auch kurz auf der öffentlichen Bühne, als ich als 10.000. Mitglied vorgestellt wurde. Da kamen Kommentare wie „Jetzt schaut euch diese Dumpfbacke an“. Ihr erlebt das sicher noch intensiver. Wie geht ihr damit um?
Katharina: Das belastet mich schon. Ich arbeite schon lange gegen Rechts und von Anfang an habe ich den Hass von dieser Seite bekommen – sie versuchen immer, dich einzuschüchtern. 2013, als ich in den Landtag kam, überrollte mich ein schlimmer Shitstorm mit Vergewaltigungsdrohungen, Morddrohungen und extremem Sexismus gegen mich als Frau in der Politik. Das hat mich abgehärtet. Ich finde manche Kommentare mittlerweile nicht mehr schlimm – und ich finde es gleichzeitig schlimm, dass ich sie nicht mehr schlimm finde.
Ludwig: Es ist ja statistisch belegt: Frauen werden in der Politik viel mehr angegangen als Männer. Also bei mir hält es sich in Grenzen. Wenn mir jemand eine E-Mail schreibt – auch wenn sie frech und überspitzt formuliert ist – und die Person ein Anliegen hat, dann antworte ich freundlich darauf. Trotzdem kann mir der Blick in die Sozialen Medien manchmal die Laune verderben. Man braucht schon ein dickes Fell.
Irmi: Man kann ja nicht zu jedem Thema ein unglaublich fundiertes Wissen haben. Wie macht ihr das? Habt ihr Berater oder baut sich das Wissen über die Jahre auf?
Ludwig: Mir ist es wichtig, viel zu lesen und selber Ideen zu haben. Egal, ob das Thema Begrenzung beim Flächenfraß oder das neue Artenschutzgesetz ist: Ich bin jemand, der sich selber mal hinsetzt und überlegt, wie man es besser machen kann. Wenn ich dann eine Idee habe, kann ich sie zum Ausformulieren weitergeben. In der Fraktion habe ich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine super Arbeit machen. Dort gibt es natürlich auch viele Fachreferent*innen. Welche Themen sind dir denn besonders wichtig?
Irmi: Eine menschliche Flüchtlingspolitik! Man muss das Recht auf Asyl achten und richtig umsetzen. Man muss den Menschen als Menschen sehen und nicht als Teil einer anonymen Masse. Was mir auch sehr wichtig ist: der Klimaschutz. Ich habe den Eindruck, dass die GRÜNEN die einzige Partei sind, die sich drum kümmert. Sehr wichtig ist mir auch die Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt, zum Beispiel von Homosexuellen. Weitere Themen sind die politische Hilfe für Alleinerziehende und eine Bürgerversicherung. Einige dieser Themen betreffen mich zwar nicht persönlich, aber man darf nicht immer nur von sich ausgehen, sondern muss das große Ganze im Auge behalten. Bei den GRÜNEN fühle ich mich mit all diesen Themen sehr zu Hause.
Katha: Ja! Und wir freuen uns, dass du jetzt bei uns bist. Gemeinsam gewinnen wir!



Neuste Artikel
LDK-Beschluss
Frieden im Nahen Osten: Recht, Verantwortung und Menschlichkeit als Maßstab
Viele Menschen in Bayern blicken mit großer Sorge, Trauer und Wut zurück auf die Eskalation des Kriegs im Nahen Osten, der mit dem Terror und der systematischen sexualisierten Gewalt der palästinensisch-islamistischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 begann. Täglich erreichten uns schreckliche Bilder und Nachrichten, vor allem aus Gaza. Die Geschichte dieses Konflikts ist lang…
LDK-Beschluss
Wohnheim-Garantie als Voraussetzung für gute Ausbildung in Bayern
Die Landesdelegiertenkonferenz beschließt: Die bayerische Staatsregierung wird aufgefordert, eine verbindliche Wohnheim-Garantie einzuführen. Diese garantiert, dass allen Studierenden und Auszubildenden in Bayern jetzt und künftig angemessener und bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht. Die Genehmigung von Hochschulausbauten und die Erhöhung der Studienplatzkapazitäten sollen nur zulässig sein, wenn parallel dazu von der Staatsregierung ein Wohnraumkonzept umgesetzt wird, das…
LDK-Beschluss
Stärkung psychosozialer Beratung und Aufstockung der Asylsozialberater*innen in Erst- und Gemeinschaftsunterkünften
Die Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen Bayern beschließt: In allen großen Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften in Bayern wird eine flächendeckende psychosoziale und psychologische Beratung eingerichtet. Die Zahl der Asylsozialberater*innen wird deutlich erhöht; die Stellen werden unbefristet und angemessen vergütet, um eine kontinuierliche Begleitung zu sichern. Es wird ein psychosoziales Erst-Screening bei der Ankunft eingeführt, das eine…
Ähnliche Artikel
Gegen Rechts
Mit 100 Jahren den Rechtsrutsch stoppen
Es ist nie zu spät, um sich für die richtige Sache einzusetzen. Für Maria Herbst aus Würzburg ist das eine Selbstverständlichkeit: Sie ist an ihrem 100. Geburtstag den GRÜNEN beigetreten, weil sie den Rechtsrutsch stoppen will. Die Parteivorsitzenden der bayerischen GRÜNEN, Eva Lettenbauer und Gisela Sengl, haben Maria Herbst in ihrer Heimatstadt getroffen, um über…
Mitglieder
Grüne Partei: Stark und sicher in ganz Bayern
Immer mehr Menschen in Bayern werden Mitglied von BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN. Zum Jahresende 2021 hat die Mitgliederzahl mit 19.837 erneut eine Höchstmarke erreicht (Wachstum gegenüber 2020: 13,5 Prozent). Der grüne Landesverband Bayern ist der zweitgrößte in Deutschland.
Mitglieder
Grüner Mitglieder-Rekord: Bayer*innen wollen Zukunft in der Partei gestalten
Pressemitteilung Die bayerischen GRÜNEN knacken erneut ihre Mitglieder-Höchstmarke: 2020 stieg die Zahl der Mitglieder auf 17.477. Eike Hallitzky, Parteivorsitzender der bayerischen GRÜNEN, sieht darin einen klaren Ansporn für die engagierte Parteiarbeit im Bundestagswahljahr 2021: „So viele Menschen wie noch nie zuvor sind Mitglied bei uns GRÜNEN, weil sie die Zukunft in Bayern gestalten wollen. Auch…