Ein Gastbeitrag von Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbunds für Vogelschutz in Bayern (LBV), der das Volksbegehren Artenvielfalt maßgeblich mit unterstützte.
Unser Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen“ war spektakulär erfolgreich! Genau 1.741.017 Bürgerinnen und Bürger und damit 18,3 % der wahlberechtigten Bevölkerung in Bayern haben sich zwischen dem 31. Januar und 13. Februar in den Rathäusern dafür eingetragen. Dieser Erfolg wird noch beeindruckender, wenn man bedenkt, dass die Einschreibungsfrist mitten im Winter lag – also in einer Zeit, in der die Bevölkerung eher nicht an Bienen, Schmetterlinge und Feldlerchen denkt.
Insgesamt war das Volksbegehren nicht nur das erfolgreichste in der Geschichte des Freistaats, sondern eine Massenbewegung, deren Umfang weit über die oben genannte Anzahl der Unterschriften hinausgeht. Die Menschen haben eine tiefe Sorge um unsere biologische Vielfalt, unsere Tier- und Pflanzenarten, unsere Landschaft. Diese Sorge und die Sehnsucht nach mehr Natur haben unser Volksbegehren so erfolgreich gemacht, und das überall in Bayern: In jedem einzelnen Landkreis und in jeder einzelnen kreisfreien Stadt haben wir die 10-Prozent-Hürde geknackt.
Eine informierte Entscheidung
Von Gegnern wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass viele Menschen, die unser Volksbegehren unterstützt haben, den Text gar nicht kennen würden. Tatsächlich mag es sein, dass nicht alle Unterzeichner den Text im Detail gelesen haben. Fest steht aber auch, dass die Menschen einen Biotopverbund, Gewässerrandstreifen und mehr Biolandwirtschaft wollen. Auch bei Bundestags- oder Landtagswahlen können die Bürgerinnen und Bürger das jeweilige Wahlprogramm nicht wörtlich zitieren und dennoch eine informierte Wahl treffen.
Unser Entwurf für ein neues Naturschutzgesetz ist fachlich durchdacht, realistisch und tatsächlich eine Auflistung von Minimalforderungen. So ist im Gesetzesentwurf beispielsweise zum Schutz von Gewässern verboten, „entlang natürlicher oder naturnaher Bereiche fließender oder stehender Gewässer (…) in einer Breite von mindestens 5 m von der Uferlinie diese garten- oder ackerbaulich zu nutzen“. Der LBV hat in der Vergangenheit immer zehn Meter breite, ungenutzte Gewässerrandstreifen gefordert. Der Gesetzesentwurf stellt in vielen Punkten also bereits einen Kompromiss dar. Wenn es darüber hinaus gute Vorschläge für den Schutz unserer Artenvielfalt gibt, sind die im Trägerkreis zusammengeschlossenen Organisationen – die Grünen, ÖDP und LBV – sicherlich offen. Ein Zurück hinter den Gesetzentwurf des Volksbegehrens kann es jedoch nicht geben.
Wie geht es nun weiter?
Wir gehen davon aus, dass es in unserem Gesetzesentwurf keine Regelungen gibt, die zu unüberbrückbaren Härtefällen führen. Beispielsweise haben Gegner des Volksbegehrens oft kritisiert, dass ein Walzen von Wiesen zum Schutz von in Wiesen brütenden Vogelarten laut Gesetzesentwurf nur noch bis zum 15. März möglich sein soll. Selbstverständlich kann es sein, dass in höheren Lagen oder in Jahren mit spätem Frühjahr dann noch Schnee liegt. Wir sind überzeugt, dass die notwendige Flexibilität durch Ausführungsrichtlinien geschaffen werden kann. Die Motivation, das Zerquetschen von Gelegen und Jungvögeln zu verhindern, ist nach wie vor gerechtfertigt.
Wir begrüßen es sehr, dass das vorgeschlagene Naturschutzgesetz vom Landtag übernommen wird und hoffen, dass zusätzlich weitere Maßnahmen zum Schutz unserer Artenvielfalt entwickelt werden, sei es auf kommunalen oder kirchlichen Flächen oder in Privatgärten. Vielleicht gelingt es uns ja sogar, den ausufernden Flächenverbrauch in den Griff zu bekommen. Dann hätten die Diskussionen rund um das Volksbegehren tatsächlich dazu geführt, dass Bayern im Natur- und Artenschutz bundesweit wieder an die Spitze rückt.
Dieser Gastbeitrag erschien erstmals im Magazin der bayerischen Grünen (Ausgabe April 2019). Dies ist eine leicht aktualisierte Fassung. Hier findest du das ganze Magazin zum Download.
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